Von der Zugspitze nach Leutasch
Langfristige Planung und Hüttenbuchungen sind beim Wandern und Bergsteigen immer etwas schwierig: Entweder die Planung passt am Ende nicht zu den Leuten die dabei sind, das Wetter passt nicht oder man muss noch irgendwelche Leute unterwegs einsammeln, oder oder oder…
Für letzten Samstag haben wir schon vor langem Matratzenlager im Alplhaus gebucht. Das Alphaus ist eine urige Selbstversorgerhütte des DAV Plus (München/Oberland) und am besten von Telfs im Inntal erreichbar. Nebenan gibt es mit der „Neuen Alplhütte“ eine schöne Hütte, bei der man sich auch komplett versorgen lassen kann. Das Tourengebiet um das Alplhaus ist dabei schon etwas schwierigeres Gelände und für Anfänger nur bedingt geeignet.
Unser Plan war, ursprünglich am Samstag über Leutasch und die Niedere Munde auf- und am Sonntag evtl. über die Hohe Munde „abzusteigen“. Dank der Wettervorhersage mit Durchzug einer Kaltfront und Regen am Sonntag hatten wir uns die Hohe Munde schon vorher abgeschminkt.
Nachdem einer der Mitwanderer am Samstag noch bis Mittag eine Schulung in Grainau hatte und wir den schönen Samstag Vormittag nicht verschenken wollten, wurde umdisponiert: Früh um acht den Kollegen in Grainau aus dem Bett klingeln und uns an der Eibsee-Seilbahn absetzen lassen, dann mit der Bahn auf die Zugspitze und von dort dann über’s Gattern ins Gaistal bei Leutasch. Dort mit dem Kollegen treffen und anschließend nochmal zwei Stunden Aufstieg zur Niederen Munde und dann gemütlich hinab zum Alplhaus. So weit der Plan ;-)
Teil 1: Von der Zugspitze über das Gatterl ins Gaistal
Bei strahlendem Sonnenschein geht es mit der Zugspitzbahn hinauf auf den Gipfel, kurz ein paar Fotos des genialen Panoramas gemacht und dann mit der Gletscherbahn hinunter zum Sonn Alpin. Der Gletscher, der von oben schon recht mickrig aussieht, sieht hier unten eher nach einem kleinen Firnfeld aus. Vor zehn Jahren konnte man hier wohl im Juni noch Ski und Snowboard fahren, aber diese Zeiten sind wohl endgültig vorbei. Ein paar Mitarbeiter der Gletscherbahn bauen gerade einen kostenlosen Zipfelbob-Verleih auf. Das wäre evtl. auch ein Spass, aber wir haben ja noch etwas vor heute. Also überlassen wir das Gipfelbob-Fahren auf dem Gletscherrest lieber der „Spass-Fraktion“ ;-)
Auf dem Wanderweg von der Bockhütte strömen schon die Wanderer in Richtung Zugspitze. Ab dem Sonn Alpin zieht der Wanderweg, der bis hier recht konstant und leicht von der Bockhütte aufwärts zieht dann kräftig durch Schutt und Geröll in Richtung Zugspitze an. Wir wandern derweil leichtfüßig bergab, queren einige kleine Firnfelder und Schneereste. Bis zur Bockhütte geht es recht stetig und konstant bergab und je später es wird, desto mehr Leute kommen uns entgegen. Die Terrasse der Bockhütte ist als wir ankommen schon gut besetzt und es zieht uns gleich weiter über das Platt in Richtung Gatterl.
Zwischen der Bockhütte und dem Gatterl machen wir zuerst einmal Rast und setzen uns unterhalb eines großen Felsblocks ab. Wir packen Wurst, Käse und Brot aus und lassen es uns eine halbe Stunde bei bester Aussicht ins Rheintal und hinüber in Richtung Schachen gut gehen. Dann nehmen wir den kurzen Anstieg durch die Felsen hinauf zum Gatterl in Angriff. Dann kommt eine kurze seilversicherte Stelle im Abstieg, dann wieder ein kurzer Aufstieg hinauf zum Felderer Joch. Knapp 200 Höhenmeter Aufstieg stehen hier rund 1000 Höhenmetern Abstieg gegenüber.
Am Felderer Joch trennen sich die Wege: Rechts strömen die Wanderer von der Ehrwalder Alm herauf, links gehen nur wenige Wanderer wie wir weiter in Richtung Steinernes Hüttl und Leutasch. Erst zieht der Weg aber nochmal ein paar Höhenmeter nach oben. Wir queren Schutthänge und dann wieder Almwiesen mit Kühen im XXL-Format. Bald bringt sich vor uns der Hochwanner als zweithöchster deutscher Gipfel in Position und vor ihm thronend der Predigtstuhl in Sicht und eröffnet gleichzeitig den Blick hinunter ins Gaistal und die Leutasch.
Für uns beginnt zwischen Hohem Kamm und Hochwannigkopf der Abstieg, während sich am Sattel ein paar Mountainbiker gegenseitig fotografieren bevor es auch für Sie den Trail hinunter geht. Recht viel schneller als wir kommen die Mountainbiker auf den 300 Metern hinunter zum Steinernen Hüttl aber auch nicht voran.
Das Steinerne Hütte ist auch eine Besonderheit: Von oben kommen gar nicht zu sehen, ist die Hütte in den Berg eingegraben, hat aber doch nach Südosten hin einen wunderbaren Blick von der Terrasse hinunter ins Gaistal und hinüber zur Hohen Munde und dem V-Einschnitt der Niederer Munde, über die wir heute noch müssen, um unser Ziel, das Alplhaus, zu erreichen. Das heißt für uns noch 500 Höhenmeter Abstieg hinunter zur Tillfussalm, dann wieder 700 Höhenmeter Aufstieg und anschließend nochmal 500 Meter Aufstieg. Und die Knie schmerzen ja eigentlich jetzt schon…
Die Knie müssen aber noch etwas warten. Zuerst gibt’s ne Apfelschorle und etwas Entspannung vor der urigen Hütte. Die Damen nutzen noch das beherzte Plumpsklo und schon geht es wieder weiter bergab.
Der Weg zieht sich nun durch den Wald, teils in Serpentinen, mal einem Wasserfall entlang, dann auf Waldboden bergab. Kurz vor der Hütte ein Anruf, wo wir denn bleiben? Unser Mitwanderer hat das Auto um das Zugspitzmassiv herum nach Leutasch gelenkt und auch die Stunde Aufstieg zur Tillfussalm hinter sich gebracht. Auf der Terrasse sitzt er nun und erwartet uns sehnsüchtig. Denn während wir gerade eigentlich unser Tagespensum erreicht hätten, ist er ganz scharf auf den kommenden Aufstieg auf die Niedere Munde, die sich vor uns als Felswand auftürmt.
Blick ins Reintal Am Gatterl Am Felderer Joch: Links nach Ehrwald, rechts nach Leutasch Blick auf Deutschland Nummer 2: Den Hochwanner. Davor der Predigtstuhl. Die letzten Meter beim Abstieg ins Gaistal Start bei der Tillfussalm im Gaistal Blick zurück zur Ehrwalder Alm 700 Höhenmeter Aufstieg zur Niederen Munde Wohlverdiente Pause auf der Niederen Munde Blick ins Inntal Auf geht’s zum letzten Abstieg des Tages Nur noch 2 Stunden??? Nach einer Stunde endlich ein Brunnen Im Abstieg zum Alplhaus
Teil II: Von Leutasch auf die Niedere Munde und zum Alplhaus
Also, ein schnelles Getränk und schon machen wir uns auf: Die Sonne strahlt auch Nachmittags um vier noch kräftig auf uns herab und versüßt uns den schweißtriefenden Aufstieg zuerst über Almwiesen, dann durch Latschen und letztendlich über viel Fels hinauf zur Niederen Munde. Zwei Stunden schnaufe ich hinter den anderen her bis sich endlich der Himmel auf macht, die Felsen weichen und den Blick ins Inntal hinunter bis nach Telfs und auf die Gipfel der Ötztaler und Stubaitaler freigeben. Geschafft.
Noch eine kurze Pause und schon geht es abwärts.
Und zwar richtig.
Zwischen Steinblöcken und Wurzeln geht es die nächsten 200 Höhenmeter recht steil bergab, die Knie machen sich stark bemerkbar und somit wird der Abstieg vor Allem für unsere Mitwandererin mit starken Knieschmerzen zur Qual. Die Abstiegsgeschwindigkeit wird langsamer und der Weg immer länger. Nach der ersten Stunde flacht der Weg dann ab und zieht sich immer mal wieder etwas bergauf, etwas bergab aber recht abwechslungsreich an kleinen Bachläufen und später durch Geröllfelder unterhalb des Karkopf entlang.
Eine halbe Stunde später schieben sich dann nach einer kleinen Kurve die Judenköpfe und davor in weiß im Wald sitzend das kleine Alplhaus ins Bild. Der letzte Kilometer geht auf einmal ganz schnell und schon stehen wir vor der „Neuen Alplhütte“. Einer bewirteten Hütte, nur zwei Minuten vor dem Alplhaus. Während der letzten Stunde hat sich das Wetter verschlechtert und die Sonne hat sich hinter dicken Wolken und Gewitterrummeln versteckt. Statt auf der Terrasse nehmen wir drinnen Platz, genießen noch eine Kaspressknödelsuppe (mehr gibt’s leider heute nicht mehr, denn die Küche hat eigentlich schon geschlossen) und ein paar Radler, bevor es dann auf der Suche nach einem Schlafplatz ins gemütliche Alplhaus geht. 19 Kilometer, 2.100 Höhenmeter bergab und knapp 1.100 Höhenmeter bergauf haben wir heute hinter uns gebracht.
Das Alplhaus hat einen Eingangsbereich, ein Klo, einen Aufenthaltsraum, eine Küche und zwei Matratzenlager für gesamt 16 Personen. Wir nächtigen oben unter dem Dach und schlafen fix und alle bis halb neun am nächsten Morgen. Es tut sich auch wenig in der Früh: Es regnet und eigentlich will keiner wirklich raus. Auch wir eigentlich nicht, aber wir spülen unsere Weingläser vom Abend und gehen dann auf dem Weg noch einen Kaffee in der Alplhütte trinken.
Teil III: Vom Alplhaus über die Niedere Munde zurück nach Leutasch
Dann trennen sich unsere Wege: Die Damen steigen gemütlich nach Telfs ab, für uns „Männer“ geht es wieder über die Niedere Munde zurück nach Leutasch, das Auto holen. Den Weg zurück zur Niederen Munde kennen wir ja schon von gestern, aber bei Nieselregen, Regenjacke und 100% Luftfeuchtigkeit schwitze und schnaufe ich wie ein Ochse…
Nach knapp eindreiviertel Stunden stehen wir auf der Niederen Munde und blicken hinüber zur Zugspitze, die sich heute wie auch die Hohe Munde in Wolken hüllt. Der Niesel hört glücklicherweise beim Abstieg auf und die Steine und Felsen sind nur selten rutschig. So können wir zügig bis zum Fahrweg absteigen.Ab und an heben sich die Wolken dann noch und geben den Blick hinauf bis zum verbauten Zugspitzgipfel und seiner Baustelle frei.
Dem Fahrweg folgen wir dann nochmal eine dreiviertel Stunde mit einer Aussicht wir in Kanada eher bergauf als bergab bis hinunter zum Parkplatz. Hier kultivieren wir uns noch kurz im Bach, bevor es dann mit dem Auto nach Telfs geht, die Frauen abholen. 12 Kilometer, 700 Höhenmeter im Aufstieg und 930 Höhenmeter im Abstieg liegen dann auch schon wieder hinter uns.
Zwei anstrengende, aber wunderschöne und aussichtsreiche Tage liegen hinter uns. Der Abstieg von der Zugspitze ist nicht viel weniger anstrengend als der Aufstieg und vielleicht probieren wir das nächstes Jahr mal andersrum. Andererseits ist auf den Zustiegswegen zur Zugspitze schon einiges los. Vielleicht suchen wir uns lieber ne ruhigere Ecke ;-)
Die Tour von Leutasch auf das Alplhaus ist eine richtig nette Tour, die man auch mit Kindern ab ca. 10 Jahren machen kann. Die Selbstversorger-Hütte wohl ein Unikum ;-) Den Schlüssel erhält man nach der Buchung beim DAV plus, Buchung vorab notwendig, da die Hütte normalerweise verschlossen ist.
Auf dem Rückweg könnte man anstatt über die Niedere Munde und das Gaistal auch über die Hohe Munde „absteigen“. Die Tour vom Alplhaus über die Hohe Munde zur Rauth-Hütte und hinunter zum Parkplatz Gaistal dauert 7-8 Stunden Gehzeit zzgl. Pausen (Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und evtl. Klettersteigausrüstung notwendig!).
Anfahrt:
Garmisch: von München über die A95 und dann weiter auf der B2, dann der Beschilderung Richtung Ehrwald/Fernpass folgen bis es links nach Grainau geht. Durch Grainau durch bis zum Eibsee. Die Auffahrt mit der Zugspitzbahn kostet 31,50€, die Abfahrt vom Gipfel mit der Gletscherbahn ist dabei schon inklusive.
Leutasch: von München über die A95 und dann weiter auf der B2 durch Garmisch nach Mittenwald, dann weiter nach Leutasch und ins Gaistal. Am Parkplatz „Salzbach“ parken (Parkgebühr 2016: 4€ pro Tag/7€ für zwei Tage).
Unterkunft
Münchner Haus auf der Zugspitze, Knorrhütte, Steinernes Hüttl, Tillfussalm, Alplhaus (Selbstversorgerhütte des DAVplus), Hotels und Pensionen in Garmisch, Grainau, Leutasch oder Telfs
Anmerkung: Das Alplhaus ist nach Auskunft das DAV Plus im Jahr 2017 wegen Renovierungsarbeiten und Brandschutzmaßnahmen geschlossen.
Literatur
Kompass Wanderkarte Seefeld in Tirol, Leutasch*
Seefeld – Leutasch: mit Mieminger Plateau und Imst. 50 Touren (Rother Wanderführer)*
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