Schottland, die zweite: Zwischen Bens und Lochs – Weitblick vom Garbh Bheinn

Auf der Suche nach einsamen Wanderpfaden ist man bei der Tour zum Garbh Bheinn genau richtig. Steil und felsig führt der nicht immer sichtbare und kaum begangene Weg zum rauen Gipfel. Oben angekommen wartet ein einmaliger Blick über all die Seen, Berge und Inseln der schottischen Halbinsel Morvern und der Region Ardgour.

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Auf der Suche nach einsamen Wanderpfaden ist man bei der Tour zum Garbh Bheinn genau richtig. Steil und felsig führt der nicht immer sichtbare und kaum begangene Weg zum rauen Gipfel. Oben angekommen wartet ein einmaliger Blick über all die Seen, Berge und Inseln der schottischen Halbinsel Morvern und der Region Ardgour.

„Der einfachste Weg auf den Garbh Bheinn (885 m) ist der steile und felsige Weg“, so beschreibt es zumindest unser Wanderbuch, das wir für die Tour konsultieren und immer dabei haben. Die Tour beginnt an der A861, die Straße von der Fähre aus Corran Richtung Strontian. Kurz nach der Kreuzung zur B6043 ist rechts an der A861 eine alte Steinbrücke zu sehen, an der ein bisschen Platz zum Parken ist. Westlich an der Brücke vorbei kann man einen Pfad erkennen, der ziemlich schnell ziemlich steil am steinigen Bergrücken nach oben führt. Das Ziel hat man von Beginn an kaum vor Augen, da der Berg hinter einem anderen Berg liegt. Immer wieder muss man seichte Wasser- und Grasstellen und Rinnsale überqueren oder sich an kleinen Felsstücken festhalten, um den Berg weiter zu erklimmen. In kleinen Serpentinen schraubt sich der felsige Pfad immer weiter nach oben, oft muss man genau hinsehen, um noch Spuren eines Weges zu erkennen. Meist aber kann man sich den Weg auch selbst zusammenstellen, denn die hervorstehenden Steine ermöglichen meist feste Tritte, die recht leicht zu bewältigen sind.

Hat man den ersten Bergrücken erklommen, kann man sich ruhig eine Aussichtspause gönnen, denn vor einem erstreckt sich Richtung Osten bereits ein faszinierender Blick über Loch Linnhe hinweg zu den Highlands des schottischen  Festlands. Sollte das Wetter hier umschlagen, empfiehlt es sich, die Tour abzubrechen und den gleichen Weg wieder runterzugehen, da das Gelände recht unübersichtlich werden könnte, sobald zu viele Wolken den Berg schneiden.

Wir haben sonniges Glück und können unsere Tour über das Felsplateau fortsetzen. Auch hier ragt immer noch viel grünes und sehr nasses Gras aus den Felsen, sodass der Weg manchmal etwas beschwerlich und matschig wird. Auf halber Strecke treffen wir einen Schotten, der recht gern zu einem Schwatz bereit ist und sich freut, uns zu treffen. Er selbst habe den Garbh Bheinn schon recht oft bestiegen, zusammen mit seinem kleinen, matschbespritzten Hund. Er warnt uns noch, dass wir beim nächsten Anstieg nicht zu weit links gehen sollen. Wir halten uns daran, auch wenn wir nicht ganz genau wissen, welcher zweite Anstieg gemeint ist. Denn immer wieder warten Erhebungen, bei denen man denkt, nun habe man den letzten Anstieg bald geschafft. Doch der Blick in die Karte verrät, dass es durchaus noch ein Stück weiter westlich gehen muss. Weitere Anstiege und Wegsuchen später, kommen wir an eine sehr hohe Stelle, die wohl die beschriebenen 823 Meter des Zwischengipfels Sron a’Ghairbh Choire Bhig sein müssen. Und der versprochene fabelhafte Ausblick ist durchaus zu bestätigen. Vor uns erstrecken sich nun nicht mehr nur Loch Linnhe und die Highlands, sondern noch westlicher das Ende der Halbinsel und somit das Meer. Im Norden können wir die wunderschöne Bergkette von Morar bestaunen. Die Wärme der Sonne genießend sollte man an dieser Stelle nicht aufgeben – denn der Weg führt nun wieder knappe 60 Meter hinunter, an einer steilen Rinne entlang (eine Schottin nannte es Kamin), bevor man auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinauf muss. Die Stelle unten merken wir uns – sie ist der Sattelpunkt, an dem wir später ins Tal hinabsteigen (übrigens mit einem Steinberg markiert).

Der letzte Anstieg ist nun schnell gemeistert, nachdem man den langen, felsigen und sich immer wieder neu erhebenden Weg bereits hinter sich gelassen hat, sind die letzten 130 Höhenmeter kaum noch ein Problem. Ein bisschen in Serpentinen nach oben kraxelnd erreichen wir unseren Gipfel Garbh Bheinn, ebenfalls markiert durch einen Steinhaufen. Der Blick ist weitläufig, sowohl im Norden ist die Bergkette deutlich einsehbar, aber auch die Lochs im Süden erstrecken sich vor uns. Und auch hier sind wieder die Inseln im Meer zu erkennen. Die Sonne belohnt uns nochmal mit ihren warmen Strahlen.

Am Gipfel – der ausnahmsweise auch von ein paar anderen Wandern besucht ist – sollte man sich kräftig stärken, denn daraufhin wartet erneut ein großes Wegsuche-Programm.

Den ersten Abstieg geht man am besten so, wie man ihn hoch gekommen ist, sodass man dann wieder den Sattelpunkt erreicht, an dem man weiter absteigen kann. Von dort aus führt ein sehr steiler, steiniger und manchmal nicht erkennbarer Weg hinab ins Tal. Man macht hier schnell sehr viele Höhenmeter, Stöcke sind deshalb zu empfehlen. Der Abstieg fordert viel Disziplin und Konzentration, vor allem eben auch weil man immer wieder den Weg suchen muss. Der anstrengende Teil des Abstiegs ist zwar eigentlich der erste bis zu den Quellen des Bachs Allt a’ Gharbh Chorie Mhoir, da dieser sehr steil und sehr unübersichtlich ist und kaum zum Ende führen mag. Noch anstrengender wurde aber dann der zweite Streckenabschnitt: Eigentlich im Tal angekommen, wird es links direkt neben dem Fluss sehr sehr matschig und anstrengend. Immerhin ist der Weg hier wieder deutlich erkennbar. Viele Tauchgänge im braunen Sumpf sind inklusive, zumindest bis zu den Waden. Die Wanderung entlang des Flusses Abhainn Coire an lubhair ist sehr idyllisch, auch wenn der Matsch einem manchmal wirklich Kräfte raubt. Trotzdem kommt man dann recht glücklich am Auto an – denn diese Tour war auf jeden Fall etwas für den Kopf, die Augen und die Beine. Raues Bergklima, größtenteils Einsamkeit und Treffen mit Einheimischen inklusive.

Tipps:

Auf dem Weg gibt es keine Markierungen – ein guter Orientierungssinn ist dringend notwendig!

Ausrüstung:

viel Wasser (erste Quelle erst beim Abstieg), unbedingt wasserdichte Wanderschuhe, Gamaschen sind beim Schlamm auch hilfreich, Mütze und Handschuhe für oben, Stöcke, regenfeste Kleidung versteht sich von selbst

Karte:

Ordnance Survey 40: Mallaig & Glenfinnan; und unbedingt für die Markierung der Strecke: Guide to walks in the North-West Highlands von Chris Townsend (978-1845130671)

Anfahrt:

Mit dem Auto von der Corran-Ferry auf der A861 Richtung Strontian, Parkplätze gibt es wenige, die genügen aber.

Von Stefanie Singer

Bergwandern hab ich in der Schule für mich entdeckt: Mit dem Schullandheim in Berchtesgaden und dann bei der Abifahrt auf dem Sentiero della Pace (Friedensweg). Von Konstanz aus war ich in den Schweizer Bergen unterwegs und ein Freund hat meine Liebe zu den östlichen Gebirgen geweckt: Hohe und Niedrige Tatra, Beskiden etc. Ansonsten fahr ich zum Wandern gern nach Norwegen, Irland und Schottland. An den Wochenenden genieß ich, was die Alpen in Deutschland, Österreich und Südtirol zu bieten haben.