In Deutschland gibt es eigentlich nur zwei international anerkannte Ausbildungen, die zum kommerziellen Führen in den Bergen berechtigen: Der „Staatliche geprüfte Berg- und Skiführer“ und der VDBS Bergwanderführer/UIMLA IML.
Während der Bergführer „überdurchschnittlich hohes persönliches Können eines Allrounders in Fels, Eis, Mix-Gelände sowie auf Ski“ verlangt, sind die Hürden für die Bergwanderführer-Ausbildung erheblich geringer. Jedoch werden nur 25 Aspiranten pro Jahrgang ausgebildet, was die Hürden doch wieder in die Höhe schraubt: Körperliche Fitness für Tagestouren von 6-8 Stunden. und bis 1500 Hm im Aufstieg, ein Ärztliches Attest zur Eignung für die Wanderleiter–Ausbildung, ein Erste Hilfe Nachweis (nicht älter als 2 Jahre), sowie ein Tourenbericht in welchem mindestens 15 Wanderungen im Gebirge und auch weitere alpinistische Tätigkeiten aufgeführt sind.
Aktualisierung 2021
Die Eingangsprüfung 2021 findet am 16./17.10.2021 im Tannheimer Tal statt, die Anmeldung ist bis 12.08.2021 möglich.
Die Eingangskriterien und die Anforderungen im Tourenbuch haben sich grundlegend geändert. Die Anforderungen an bereits durchgeführte Touren wurden erheblich erhöht, dadurch aber auch klarer definiert:
- 20 Bergwanderungen DAV Bergwegekategorie rot oder T3 SAC Skala mind. 1200 Hm im Aufstieg
- 15 Bergwanderungen DAV Bergwegekategorie schwarz oder T4 SAC Skala mind. 800 Hm im Aufstieg
- 15 Bergtouren in überwiegend weglosem, alpinem Gelände bzw. einzelnen Kletterstellen im 1. bis 2. Schwierigkeitsgrad (UIAA) und min. 600 Hm im Aufstieg
- Sonstigen alpine und ausseralpine Unternehmungen der letzten 5 Jahre
Der Ablauf der Lehrgänge wurden auch leicht geändert und es werden im Rahmen der Ausbildung nur noch 15 statt 20 Tage Praktikum gefordert.
Aus den eingeladenen 100 Teilnehmern werden dieses Jahr maximal 40 Teilnehmer für den Eingangstest zugelassen. Der Eingangstest findet ab diesem Jahr an einem Tag statt und beinhaltet einen Aufstiegstest (1.000hm) und einen Parcours in dem das Gehen im Weglosen Gelände, Abstieg im Geröll, leichte Kletterpassagen, die Orientierung im Gelände und die Bewegungsfähigkeit geprüft werden.
Weitere Infos unter: https://www.vdbs.de/werden/bergwanderfuehrer-werden.html
Das Merkblatt zu den Anforderungen, Tests und Ausbildung findet ihr hier…
Dann fehlt nur noch die 200€ teure Anmeldung zur Bergwanderführeingangstest und schon kann es an einem Samstag im Oktober losgehen: Die rund 80 zugelassenen Aspiranten, zu denen heute auch unser Redakteur gehört, treffen sich am Parkplatz der Karwendelbahn in Mittenwald. Zuerst die Startnummer abholen und schon geht es los mit der Einweisung.
Der erste Prüfungstag besteht aus zwei Teilen: Erstens dem Konditionstest, bei dem mit einem Zeitlimit von zwei Stunden der Gipfel des Predigtstuhl erreicht werden muss. Es gibt vier Gruppen, die erreichte Zeit spielt keine Rolle, Hauptsache unter zwei Stunden… Zweitens dem Abstiegstest, bei dem über ein Stück von rund 300 Metern im Geröll und Schotter des Dammkars abgestiegen werden soll. Es zählt die Sicherheit beim Abstieg. Drei Prüfer beurteilen voneinander unabhängig die erbrachte Leistung.
Am zweiten Kurstag steht dann noch der „Klettertest“ an: In einer rund 300 Meter langen Schrofenrinne wird von drei bis vier Prüfern die Qualität des Aufstiegs und die Routenwahl im leichten Klettergelände beurteilt.
Die Ausbildung selbst besteht dann übrigens aus zwei Sommer- und zwei Winterlehrgängen, sechs Tagen Individual-Ausbbildung bei einem Bergführer, sowie zwei Biwakausbildungen (Sommer und Winter). Dazu kommen dann noch 20 Tage Praktikum bei einer Bergschule oder Bergwanderschule, sowie ein Prüfung… Macht gesamt 65 Tage Ausbildung mit rund 1.000€ Kosten je Lehrgang (!). Dafür ist man hinterher fit und berechtigt, Gruppen für Bergschulen z.B. über die Alpen zu führen. Mehr Infos gibt’s beim VDBS.
Teil 1: Der Konditionstest
Doch bei uns geht es erst mal los mit dem ersten Teil: Wir gehen noch etwas alle zusammen zum Startpunkt am Einstieg in den Ochsenbodensteig hinauf zur Dammkarhütte. In vier Gruppen wird im 10 Minuten Abstand gestartet. Ich gehöre zur der zweiten Gruppe. Sobald der Start freigegeben ist, geht’s rasant los: Der Ochsenbodensteig wird zur Trailruningstrecke. Die schnellsten schaffen die Route über den Ochsenbodensteig, Dammkarhütte und Bergwachthütte zum Predigtstuhl in 75 Minuten. Ich lasse die anderen vorlaufen und gehe es etwas gemütlicher an. Die Serpentinen am Anfang ziehen sich bis man endlich oberhalb an einer Bank mit Blick auf den Rest der Route herauskommt. Es ist immer noch kalt und Sonne erwartet uns erst am Gipfel. Das Dammkar im Herbst ist eine schattige Sache…
Dann geht es durch den Wald ein Stück wieder hinab, dann im Schotter hinüber ins Dammkar und durch die Latschen hinauf zur Dammkarhütte. Die Hütte ist leider schon seit zwei Wochen winterfest verschlossen, Zeit für eine Brotzeit wäre aber ja eh nicht. Vor mir liegen die letzten Meter durch den groben Schutt hinauf zur Bergwachthütte. Das zieht bei jedem Schritt Kraft. Aber ab der Bergwachthütte ist das Ziel in Sicht, das Gelände wird flacher und die Sonne in Sicht bringt Hoffnung. Die letzten Meter zum Gipfel des Predigtstuhl geht es wieder in sanfteres Gehgelände. 1:59:16 sagt der Bergführer oben zu mir… hm… ach ja: Ich war ja in der zweiten Startgruppe, macht 10 Minuten Abzug. 1:49:16… OK, passt. Konditionstest bestanden.
Nach einer kurzen Pause in der Sonne geht es weiter… zuerst wieder ein Stück hinab ins Dammkar und dann zum Test Nr. 2.
Teil 2: Abstieg im Geröll
Etwas zurück am Abstiegsweg haben sich die prüfenden Bergführer entlang einer Schotterrinne nacheinander positioniert: Es gilt möglichst sicher über die Schotterrinne abzusteigen bzw. abzufahren. Der erste sprintet in Höchstgeschwindigkeit hinunter. Nach und nach kommen alle mehr oder minder schnell und sicher unten an. Auch ich versuche mein Glück. Oben ist der Schotter ganz gut zu abzufahren, doch die Qualität ändert sich alle 50-60 Meter. Zwischendrin wird der Schotter recht fein, dann wieder grober. Zwischendrin zieht es mir einmal die Beine weg und ich greife mit der Hand in den Schotter. Mist. Großer Mist. Insgesamt fühle ich mich mit meinem geflicktem Sprunggelenk aktuell im Schotter noch nicht so sicher und hätte das auf den letzten Touren wohl einfach mehr trainieren müssen. So gebe ich heute wohl ein eher unsicheres Bild ab und werde auch dementsprechend abgewertet.
Nach dem Abstieg zur Karwendelbahn ist für heute Schluss. Einige Aspiranten sitzen noch an der Karwendelbahn zusammen, bevor sich alle in ihre Hotel, Pensionen oder den VW-Bus verziehen. Ein gemeinsamer Abend der Prüflinge ist leider nicht geplant. Es finden sich aber wie immer doch noch ein paar, die am Abend mit in den Biergarten gehen…
Teil 3: Leichte Kletterpassagen im 1. Grad
Am Morgen des zweiten Tages treffen wir uns wieder am Parkplatz der Karwendelbahn. Zusammen geht es in Richtung der neuen Lawinenverbauung an der Rainlähne. Hier wartet eine rund 300 Meter lange Schrofenrinne mit Kletterpassagen auf uns. Nach und nach werden die Prüflinge auf die Reise geschickt und fast eine Stunde nach dem ersten Prüfling ist es auch für mich so weit: Zum Glück kenne ich den Aufstieg schon von einer Veranstaltung aus dem letzten Jahr. Da war die Strecke allerdings als leichter Klettersteig hergerichtet. In mehreren Stufen geht es immer wieder an den Prüfern vorbei die ausgewaschene Rinne hinauf. Einige Stücke wurden von den Prüfern seilversichert, die Seile sollte man jedoch nicht nutzen (Punktabzug!).
Insgesamt keine schwere Kletterei, sondern eigentlich eine nette Angelegenheit. Wenn der Prüfungsfaktor nicht wäre. Nach knapp 25 Minuten ist der Spass auch schon wieder vorbei. Als letzter Prüfungsteil steigt man noch ein kurzes Stück auf, quert einen flachen Felsriegel und steigt ein paar Meter wieder zum Prüfer hinab. Auch hier zählt wieder die Sicherheit beim Gehen und natürlich auch etwas die Routenwahl.
Nachdem die Prüfung damit beendet ist und es erst in rund drei Stunden die Ergebnisse gibt, machen wir noch einen kurzen Abstecher hinauf zur Mittenwalder Hütte, die heute für ihren letzten Tag der Saison noch einmal geöffnet hat. Ein Radler später machen wir uns aber schon wieder an den Abstieg. Für den leckeren Kaiserschmarrn ist heute leider keine Zeit…
Die Ergebnisse
Unten an der Karwendelbahn warten dann schon alle Prüflinge gespannt auf die Ergebnisse. Die Herren Prüfer brauchen aber doch noch eine Weile. Dann werden die 25 zukünftigen Aspiranten ausgerufen, alle anderen können sich noch eine Bewertung ihrer Leistungen im persönlichen Gespräch abholen. Hier wird kurz besprochen, wo die Defizite liegen und auch wie die Bewertung erfolgt ist (Tourenbuch, Bewerbung, Abstieg im Geröll oder beim Klettern). Eine schöne Geste, dass man sich hier die Zeit für den Einzelnen nimmt und ein paar persönliche Worte spricht.
Für unseren Redakteur hat es aufgrund der Defizite im Abstieg im Geröll heute nicht gereicht. Bei 80 Bewerbern und nur 25 Stellen ist das Erreichen der Ausbildung aber auch keine Selbstverständlichkeit. Die Prüfung ist eine sehr sachlich ablaufende Geschichte, die man wohl wirklich nur mitmachen sollte, wenn man die Ausbildung auch wirklich angehen möchte. Ein gemütliches Wochenende in den Bergen ist dann doch wieder was anderes.
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