Die Westliche Karwendelspitze ist normalerweise ein durch die Karwendelbahn von Mittenwald schnell erreichbarer Ausflugsgipfel. „by fair means“ ohne Einsatz der Gondel ergibt sich aber ein langer und abwechslungsreicher Tourentag mit gemütlichem Ausklang: Der Aufstieg über das schattige und schuttrige Dammkar, den kurzen Klettersteig hinauf auf die Karwendelspitze und über den steilen und ausgesetzten Karwendelsteig hinunter zur Mittenwalder Hütte [1.600hm, 8,5h].
Unsere Tour startet am (kostenpflichtigen) Parkplatz der Karwendelbahn (oder etwas unterhalb am kostenfreien Parkplatz an der Rainlähne). Wir queren die Strasse, steigen auf einer Leiter ein paar Meter hinab unterhalb der Bundesstrasse und nehmen die längere Leiter rechts wieder hinauf. Nach ein paar hundert Metern wechseln wir auf einer Brücke hinüber und folgen dem Wegweiser in Richtung Ochsenbodensteig. Die Dammkarhütte ist hier mit 3 Stunden 15 Minuten angeschrieben. Zügige Geher werden diese Zeit aber durchaus unterbieten.
Über den Ochsenbodensteig ins Dammkar
Zuerst geht es für fast eine Stunde in Serpentinen durch den Bergwald hinauf, bevor wir um eine Kurve biegen und an einer Aussichtsbank kurze Rast machen. Von hier bietet sich ein wunderbarer Blick auf das Dammkar und auch die Dammkarhütte ist hier schon zu sehen. Aber zuerst gehöder Weg in einem Bogen nach rechts in den Wald. Hier verlieren wir wieder ein paar Höhenmeter bevor wir unterhalb der Felsabbrüche der Kreuzwand durch den Schotter queren.
Im Dammkar angekommen geht der Weg rechts in Serpentinen durch die Latschen hinauf bis man auf der Terrasse der Dammkarhütte landet, die heute ihren letzten Saisontag vor der verdienten Winterruhe begeht. Knapp 60 Minuten haben wir heute bis hierher gebraucht, eine kurze Verschnaufpause und ein Frühstücksapfel sind jetzt drin.
Ab der Dammkarhütte wird das Gelände etwas flacher, aber nicht einfacher: Durch Schutt geht es nun mühsam hinauf bis zur Bergwachthütte. Immer noch hat uns heute kein Sonnenstrahl berührt, nur drüben am Predigtstuhl wäre etwas Sonne, aber da wollen wir heute nicht hin. Die bisher zurückgelegte Strecke absolvieren übrigens auch die Aspiranten für die Bergwanderführerausbildung als Konditionstest. Bis zum Predigtstuhl ist ein Zeitlimit von zwei Stunden zu erreichen. Das hätten wir heute auch geschafft…
Ab der Bergwachthütte zieht sich der Weg zuerst flach und dann wieder in weiten Serpentinen und einer langen Rampe hinauf ins hintere Dammkar in Richtung Westliche Karwendelspitze.
Im Winter eine beliebte Freeride-Abfahrt: Mit der Karwendelbahn hinauf, durch den langen Fußgängertunnel hinüber ins Dammkar und dann das zwar lawinengesicherten aber sonst ungesicherte und unpräparierte Dammkar hinab bis zur Talstation. Deutschlands längste Freeride-Abfahrt. Definitiv was für die Bucket-List.
Durch den Fußgängertunnel geht es auch für uns hinüber zur Bergstation. Nach einer kurzen Brotzeit folgen wir dem „Panoramaweg“ zum Einstieg in den Karwendelklettersteig.
Klettersteig auf die Westliche Karwendelspitze
Schnell in den Gurt gestiegen, Helm und Klettersteig aufgesetzt und schon sind wir unterwegs. In leichter Kletterei geht es am Seil in mehreren Stufen hinauf auf die Westliche Karwendelspitze. Der Klettersteig ist relativ einfach gehalten und auch mit älteren Kindern (ab ca. 10-12 Jahren) machbar. Nach rund einer halben Stunde steht man am Gipfel mit Ausblick auf den Mittenwalder Höhenweg, ins Karwendel, hinüber ins Wetterstein, zur Zugspitze, in die Ammergauer Alpen,… Der Abstieg erfolgt dann auf einem einfachen Weg wieder hinunter zur Bergstation.
Abstieg über den Karwendelsteig zur Mittenwalder Hütte
Von der Bergstation bergab wählen wir den Karwendelsteig hinunter zur Mittenwalder Hütte. Rund zwei Stunden brauchen wir auf dem teilweise ausgesetzten, teilweise unangenehm abschüssigen Steig bis zur Terrasse der Mittenwalder Hütte. Hier erwarten uns eine Brotzeitplatte, wohl der beste Kaiserschmarren im weiten Umkreis – und ein kühles Radler.
Der Abstieg durch den herbstlich leuchtenden Bergwald hinab nach Mittenwald ist dann in gut einer Stunde abgehakt. Beim Blick zurück nach oben zur Bergstation der Karwendelbahn, die wie ein Adlernest auf dem Karwendelabbbruch sitzt, kommt man doch immer wieder ins Staunen, wie hoch und weit man an einem Tag doch kommen kann.
Die Tour lässt sich natürlich auch in anderer Richtung begehen, wodurch der mühsame Abstieg auf dem Karwendelsteig im Aufstieg und der leichtere Aufstieg durch’s Dammkar im Abstieg begangen wird. Für Wanderer mit Knieproblemen zu empfehlen. Ein Abkürzen des Auf- oder Abstiegs mit der Karwendelbahn ist auch jederzeit möglich und zu empfehlen, wenn auf der Karwendelspitze die Kräfte schon verbraucht sind. Die Tour lässt sich auch als gemütliche 2-Tages-Tour gestalten, indem man die Dammkar oder die Hochlandhütte als Zwischen- und Übernachtungsziel ansteuert.
Infos
Karte:
Ausrüstung:
Festes Schuhwerk, Brotzeit, Wasser, Trekkingstöcke, Gurt, Klettersteigset und Helm für den Klettersteig. Die Karwendelspitze kann man auch auf einem normalen Weg ohne Klettersteig erreichen, nur die letzten Meter sind dann etwas ausgesetzt, aber mit Seil versichert.
Anfahrt:
Von München über die A95 nach Garmisch und weiter nach Mittenwald. Alternativ über Kochelsee und Walchensee nach Mittenwald. Parken an der Karnwendelbahn (oder kostenlos ein paar hundert Meter weiter am Parkplatz Rainlähne).
Einkehr:
Dammkarhütte, Bergstation der Karwendelbahn, Mittenwalder Hütte oder in Mittenwald
Unterkunft:
Dammkarhütte, Mittenwalder Hütte, Unterkünfte aller Preisklassen in Mittenwald. Womo-Stellplatz in Mittenwald, Campingplatz „Naturcamping Isarhorn“ in Richtung Krün.
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