Ein Interview mit Ralf Stute, besser bekannt als „Ray Climber“ vom Klettersteig-Portal „via-ferrata.de“, über die Faszination Klettersteig und was man dazu braucht.
Hallo Ralf, Danke dass du dir heute Zeit für uns nimmst. Du bist beim Klettersteig gehen ein richtig „alter Hase“… wie kommt das?
Meinen ersten Klettersteig habe ich bereits mit 12 Jahren am 8.8.88 an der Alpspitze gemacht. ich feiere somit nächstes Jahr mein 30-jähriges Klettersteig-Jubiläum ;-)
Deine Website via-ferrata.de ist so ziemlich das größte Portal rund ums Klettersteig gehen in Deutschland. Wie kam es dazu? Wie geht es weiter?
Ich hatte das Portal mitte der 90er aufgebaut mit dem Ziel Klettersteiginfos im Netz bereit zustellen, da es damals quasi nur in einer einzigen Buchform (Hüsler Klettersteigatlas) Infos mit nur sehr wenigen Fotos über Klettersteige gab. Das Portal und die Community drum herum ist dann stetig gewachsen,so dass www.via-ferrata.de aktuell nicht nur in der Klettersteig-Szene eine feste Hausnummer ist sondern mittlerweile auch zu den größten und reichweitenstärksten Outdoor Portalen im deutschsprachigen Raum zählt! Wir werden in den nächsten Jahren auch verstärkt Tourentipps für die Wintermonate bei uns im Portal aufnehmen – eine Rubrik Skitouren gibt es bereits.
Deine Heimat Erlangen und die Fränkische Schweiz sind ja nicht unbedingt für Klettersteige bekannt, was sind deine Lieblingssteige? Wo bist du am liebsten unterwegs und warum?
Mit dem Höhenglücksteig habe ich quasi direkt vor der Haustüre einen perfekten Klettersteig zum “trainieren”. Bis jetzt habe ich den HGS – wie ich den Höhenglücksteig gerne nenne – bereits mehr als 200x gemacht! zu meinen weiteren Lieblingssteigen zählen der Hindelanger Klettersteig und die Watzmannüberschreitung. Wenn es schwieriger sein soll, sind nach wie vor der Kaiser-Max Klettersteig sowie die Pisetta am Gardasee meine Favoriten.
Was braucht man zum Klettersteig gehen? Was gehört in den Rucksack?
Hierzu habe ich auf Youtube ein Video eingestellt, das das perfekt wiedergibt: https://youtu.be/tOleRfK6EzI
Auf unserer Webseite gibt es zudem den Bereich Klettersteigausrüstung in dem alle notwendigen Ausrüstungsgegenstände erklärt und dargestellt sind.
Seit diesem Jahr gibt es ja auch eine neue Norm bei den Klettersteigsets. Hat sich dadurch wirklich etwas geändert?
Bisher nicht wirklich. Die Community ist hier ein bisschen zweigeteilt, viele befürworten die “neu ausgelegte Sicherheit” – andere decken sich gerade noch verstärkt mit “alten” Sets ein, da sie es a) gewohnt sind damit zu gehen und b) keinen größeren Bandfalldämpfer zwischen den Beinen baumeln haben wollen (zumal mit den alten Sets ja der Gewichtsbereich zwischen 60 und 100kg abgedeckt ist).
Durch die neue Norm und die Tests bis zu 40kg Körpergewicht gibt es jetzt keine speziellen Klettersteigsets für Kinder mehr. Stattdessen sollten Kinder in schwierigen Passagen mit Seil nachgesichert werden, um einen Sturz ins Set zu vermeiden. Wie ist hier deine Erfahrung?
Wir hatten hierzu vor ein paar Wochen ein Interview mit PETZL in dem wir PETZL danach gefragt hatten ob und wann es Klettersteigsets auch von PETZL gibt. PETZL wehrt sich gegen Klettersteigsets für Kinder mit dem Hinweis dass bei Kindern stets eine Nachsicherung erfolgen sollte!
Neben der Ausrüstung spielt auch die richtige Technik am Klettersteig eine Rolle. Worauf sollten Einsteiger achten? Wo lernt man das Gehen am besten?
Einsteiger sollten sich v.a. langsam vortasten und nicht gleich mit einem C oder D-Steig beginnen. Das beherzigen leider heutzutage nur die wenigsten… Am besten wendet man sich an eine Alpenvereinssektion und macht dort einen geführten Klettersteig(kurs)!
Welche Klettersteige würdest du Einsteigern empfehlen?
Die Via Ferrata Bambini, die direkt neben dem Einstieg vom Höhenglücksteig liegt, die Alpspitz Ferrata und auch den sehr schönen neuen Familienklettersteig Zimmereben in Mayrhofen im Zillertal
Hast du auch Tipps für langjährige Klettersteig-Geher? Worauf sollten „alte Hasen“ achten? Was schleicht sich ein?
Man sollte als erfahrener Hase im alpinen Umfeld die alpinen Gefahren wie Steinschlag und Wetterumschwung stets im Blick haben. Des weiteren kann auch einem erfahrenen schnell mal ein Leichtsinnsfehler passieren. Der unfall von Kurt Albert am Höhenglücksteig sollte da für uns alle ein warnendes Mahnmal sein, um stets aufmerksam und gewissenhaft am Berg unterwegs zu sein.
Welchen Klettersteig „muss“ man denn ein Mal in seinem Leben gemacht haben?
Den Westgrat Klettersteig auf die Marmolada – eine perfekte Symbiose aus Klettersteig und Hochtour. Und als Belohnung steht man dann auf dem höchsten Gipfel der Dolomiten!
Es gehen immer wieder Rettungsaktionen der Bergwacht durch die Presse und Soziale Medien, wenn Personen -teils ohne Klettersteigset- aus Klettersteigen gerettet werden müssen. Fehlt es hier an Aufklärung oder an Gefahrenbewusstsein der Klettersteig-Geher? Warum werden Klettersteige immer wieder unterschätzt?
Die Presse bringt hier auch oft Klettern und Klettersteige durcheinander. Dabei wird ein Klettersteig meist als „harmlose“ und „durchgesicherte“ Felskraxelei dargestellt – das ist natürlich falsch und führt dazu dass viele mit falschen Vorstellungen an eine Tour herangehen. Wie ich oben schon erwähnt hatte, nehmen sich auch viele gleich zu schwere Klettersteige für den Anfang vor anstatt sich auf der Skala langsam vom Schwierigkeitsgrad A nach E vorzutasten!
Aktuell spriessen die Klettersteige ja in allen Regionen regelrecht aus dem Boden. Wie siehst du den Trend?
Aus meiner Sicht gibt es genug Klettersteige! Es gibt im gesamten Alpenraum inzwischen so viele Klettersteige, dass kaum kein Mensch es schafft die alle jemals in seinem Leben zu begehen. Und selbst wenn, dann gibt es auf der iberischen Halbinsel noch weitere tolle Steige, die man erkunden kann! Wir waren vor einem Monat selbst erst in Katalonien und in Andorra und hatten dort einen tolle Zeit mit vielen sehr guten Klettersteigen!
Der Trend zu immer schwierigeren Sportklettersteigen mit Bewertung E und F wird aktuell ja auch teilweise recht kurios beurteilt. Viele der Steige können ohne sich am Seil entlang zu hangeln gar nicht mehr begangen werden. Ist das noch Klettersteig „gehen“ oder wird der Klettersteig hier zum Trainingsobjekt à la „Muckibude“?
Das hat mit Klettern oder einem Klettersteig im klassischen Sinn (der eigentlich den einfachsten Weg durch den Fels als Versorgungsweg durchsichern sollte) nix mehr zu tun. Das ist reine Kraftmeierei und hat mit Klettertechnik und irgendeinem Können am Fels rein gar nix zu tun. Jeder, der genug Spinat im Oberarm hat, kommt da hoch – auch ohne irgendwas mit Klettern am Hut zu haben – der Grundgedanke eines klassischen Klettersteigs ist hierbei klar verfehlt und gleicht hier in der Tat mehr einem “Bizepstraining”!
Für viele Wanderer sind Klettersteige der Einstieg in den weiteren Alpinismus bis hin zu Hochtouren, wie siehst du das?
Ich sehe Klettersteige eher als Bindeglied zwischen Wandern und Klettern im einfachen Fels (also bis zum IV.Grad). Ich selbst bin auch nicht permanent auf Klettersteigen unterwegs sondern genieße auch normale Bergwanderungen oder (in letzter Zeit auch mehr) leichte Klettertouren im Fels.
Danke für deine Zeit und die Beantwortung unserer Fragen. Wo geht’s denn als nächstes hin? Projekte für die Zukunft?
Sehr gerne! Als nächstes rufen mal wieder die Dolomiten! Und dann sollen natürlich auch unsere Webseite und unsere Social Media Kanäle weiter ausgebaut werden.
Auf Facebook haben wir aktuell fast 25.000 Fans (mit einem Zuwachs von über 1.000 Fans pro Monat)