Der größte Teil der Hohen Tatra liegt eigentlich in der Slowakei, aber trotzdem lohnt es sich, das Gebirge auch mal von der polnischen Seite aus zu besteigen – Grenzerfahrungen inklusive. Für den ersten Ausflug haben wir uns ein paar Klassiker ausgesucht, die von Zakopane gut zu erreichen sind. Anfang September wurden wir mit schneebedeckten Gipfeln überrascht, das machte das Bergerlebnis dann doch etwas intensiver.
Beginnen kann man zum Beispiel mit dem Touristenhighlight Giewont – mit seinen 1894 Metern ist er zum schnellen Gipfelerlebnis gut geeignet. Von dort hat man einen weiten Blick über das Tal, das sich über Zakopane und dessen Nachbarorte erstreckt. Aber man darf sich auch über ein erstes Bergpanorama freuen, das nur leider von den Touristenmassen, die sich auf dem Giewont tummeln, etwas getrübt wird.
Giewont und Kondracka Kopa
Der Einstieg auf der polnischen Seite der Hohen Tatra kann zum Beispiel über Kuznice erfolgen. Kuznice erreicht man über viele verschiedene Bushaltestellen in Zakopane, oft sollte man den Busfahrer nochmal fragen, da man eventuell umsteigen muss. (Für die Fahrt bitte unbedingt starke Nerven und etwas Kleingeld mitnehmen. Die „Busse“ sind eher kleine Transporter und der Fahrstil gleicht einem rasenden Rodler, der schnell und ohne viel Umwege sein Ziel erreichen will). In Kuznice wird man mit dem üblichen Touristenkram versorgt, das kann man getrost hinter sich lassen und geradeaus zum Wärterhäuschen gehen, um dort den Eintritt für den Nationalpark Hohe Tatra zu zahlen (TPN). Der Betrag hält sich in Grenzen und man kann sich auch gleich ein Wochenticket besorgen.
Vom Häuschen aus folgen wir der der blau markierten Wegtafel Richtung Giewont – dank guter Beschilderung lässt sich alles recht schnell finden. Der Weg wird bald steiler, noch ist aber alles mit großen unförmigen Steinen gepflastert und mit kleinen „Stolperern“ gut zu gehen. Nach etwa einer halben Stunde kommt man am Hotel Górski na Kalatówkach (Berghotel am Kalatówkach) vorbei – dort gibt es einen ersten guten Blick auf die Berge, die man gleich besteigen wird. Danach beginnt ein zweiter Anstieg im Wald mit vielen vereinzelten hohen Naturstufen, der Weg ist aber immer noch sehr leicht begehbar. Nach weiteren 45 Minuten erreicht man dann die erste Berghütte und eine Weggabelung mit einem Hinweisschild zu Bären. Übrigens sehr ernst gemeint, denn an unserem ersten Tag hatten wir gleich das Glück, in der Ferne eine kleine Bärenfamilie zu entdecken, die aber recht unbeeindruckt beim Essen war.
An der Weggabelung kann man sich nun für den blauen und leichteren Anstieg Richtung Giewont oder für den grünen, etwas schwierigeren Weg zur Kondracka Kopa (2005 m) entscheiden. Da wir Motivation und Kondition mitgebracht haben, wird kombiniert: Zuerst den Giewont ansteuern und dann oben weiter auf die Kondracka Kopa. So geht es also nach rechts über viele Stufen und felsige Steige zum Kondracka Przel (1725 m), bis zu dieser Gabelung kommt man auch bei Schnee ganz gut voran. Hier rechts weiter reiht man sich in die lange Touristenschlange zum Giewont ein, auch bei winterlichen, schwierigeren Verhältnissen wird dieser Berg gerne unterschätzt. Kurz vor dem Gipfel muss man noch einen kettenversicherten Steig überwinden und man erreicht schließlich das Plateau mit dem silbernen Eisenkreuz – die Aussicht teilt man sich mit den unterschiedlichsten Menschen, die leider auch mal wieder mit Sneakers versuchen, Berge zu erklimmen (in der Hohen Tatra leider ein häufiger Anblick). Die Aussicht können wir trotzdem genießen.
Runter kann man über einen Bogen, sodass man nicht den Aufsteigern in die Quere kommt. Dann, wenn man weiter zur Kondracka Kopa möchte, muss man den gleichen Weg bis zur Gabelung zurück und geht schließlich geradeaus über zwei steile Berghänge zur Kopa hoch. Der Weg ist eigentlich ganz angenehm, aber bei Schnee kann man ab und zu ins Rutschen kommen, weil der Schnee nicht wirklich trittfest wird.
Auf der Kondracka Kopa hat man – neben einem tollen Ausblick Richtung Giewont und auch in die Slowakei – viele Möglichkeiten weiterzugehen; im Sommer sind Touren auf die Nachbargipfel Malolaczniak (2096 m) und Krzesanica (2122 m) sehr empfehlenswert, weil dorthin weniger Wanderer einen Abstecher machen und man so die Ausläufer der Tatra im Stillen betrachten kann.
Auch kann man von der Kopa aus weiter zum Kasprowy Wierch (1987 m; laut Beschilderung 1 Stunde 50), bringt man genug Kondition mit, kann der Weg über einen schmalen Kamm auch noch nach Giewont- und Kopa-Besteigung leicht gegangen werden. Belohnt wird man hier mit einer einzigartigen Sicht, da man links und rechts nach unten blicken kann und bei Wetterglück einige faszinierende Wolkenformationen am Berg abprallen sieht.
Auf der Kondracka Kopa ist man auf der Grenze zur Slowakei angekommen, man merkt schnell, das in Polen wirklich nur ein Drittel der Hohen Tatra liegt. Mit 212 Quadratkilometern ist der Nationalpark in Polen aber trotzdem nicht in einer Woche zu erwandern.
Für den ersten Tag reichen uns die beiden Gipfel. Vor allem weil der Abstieg durch den Schnee schwieriger wird, entscheiden wir uns also für den erst rot und dann grün beschilderten Abstieg kurz hinter der Kondracka Kopa. Hier kann man auch teilweise „surfen“, da sich streckenweise kein Weg durch den Schnee abzeichnet. Bei Lawinengefahr sind die Wege alle geschlossen!
Zurück geht das letzte Stück bis zur Weggabelung am Bärenhinweisschild dann noch über leichtere Steige, die ab und zu von steilen Stufen unterbrochen werden. Schließlich trifft man wieder auf den Einstiegsweg und kommt gemütlich in Kuznice an.
Weitere Tourempfehlungen
Rundweg zum Kasprowy Wierch: Der Weg ist schöner als das Ziel, denn der Kasprowy wird auch mit einer Seilbahn erreicht, weshalb es dort viele Touristen gibt und der Charme eines ruhigen Berggipfels verloren geht.
Eine Tour ab dem See „Morskie Oko“ (Meeresauge) Richtung Dolina Pieciu Stawów Polskich (Fünf-Seen-Tal). Bis zum Morskie Oko ist die Tour leider sehr langweilig (Beginn ab Palenica Bialczanska, immerhin sind einige Wasserfälle zu beobachten), da man eine lange Teerstraße, die mit Touristen-Kutschen überfüllt ist, entlang gehen muss. Angeblich werden im Sommer bis zu 10.000 Personen pro Tag dort abgeladen. Aber die Tour ab dem ersten richtigen Wanderweg (blau Richtung Wielki Staw Polski) lohnt sich sehr. Hier sollte man wirklich trittsicher sein. Man muss immer wieder einige Geröll– bzw. bei Schnee – Lawinenpassagen überqueren. Bitte nur begehen, wenn keine Lawinengefahr besteht, darüber sollte man sich vorher informieren.
Die Anstrengungen lohnen sich aber, gerade bei Schnee: Wenn man am Swisloa Czuba (1763 m) vorbei ist, hat man einen unglaublich schönen Blick auf drei große Seen (Przeni, Wielki und Czarn Staw Polski). Bei Schnee spiegeln sich in den windstillen Seen die weißen Berge – all die Ruhe, die man sucht, hat man hier gefunden. In der nahegelegenen urigen Berghütte kann sich die Finger bei polnischen Kaffee wärmen, der nur dort irgendwie gut schmeckt.
Der Berg Swinica (2301 m) ist auch über Kuznice zu erreichen – hier beginnt man über einen blauen Weg und kommt auf einen schwierigen roten Weg, der dann zum Gipfel führt. Man sollte hier schwindelfrei und trittsicher sein, teilweise muss man auf sehr glattem Felsen nach oben steigen. Bei Schnee ist dieser Gipfel eher nicht zu empfehlen, im Sommer dafür umso mehr. Der Ausblick lohnt wie immer alle Strapazen.
Und die Unterkunft/Verpflegung?
Ich empfehle unbedingt ein Ferienhaus bei einer polnischen Familie zu buchen, wenn man unterschiedliche Ziele in einer Woche angehen will. Die Polen sind sehr gastfreundlich und kochen meist selbst für einen. Das beste in der kalten Zeit sind natürlich die hausgemachte Pierogi, zuerst deftige, dann süße. Dazu serviert die polnische Gastmutter gerne selbstgebrannten Wodka zum Aufwärmen (Vorsicht: nur einen kleinen und besser nicht ja zum zweiten sagen!). Danach gibt’s auch alkoholfreie Getränke oder natürlich ein kühles Bier.
Fazit:
Wenn man es ruhiger mag, sollte man die Touristengipfel meiden, da diese zu wirklich jeder Zeit gerne gegangen werden. Wenn man viele Gipfel sammeln möchte, eignet sich die polnische Seite der Hohen Tatra sehr gut, für ruhigere Momente empfehle ich „weiter rein zu gehen“.
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