Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang – Wandern von Lenggries nach Benediktbeuern

Mit der Sonne den Berg aufsteigen und mit ihr über die Berge schauen – das geht zeitlich gesehen vor allem in der Winterzeit recht gut. Eine gute Möglichkeit für so eine Tour bietet das (eigentliche) Skigebiet Brauneck.

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19 Schilderwald
19 Schilderwald

Mit der Sonne den Berg aufsteigen und mit ihr über die Berge schauen – das geht zeitlich gesehen vor allem in der Winterzeit recht gut. Eine gute Möglichkeit für so eine Tour bietet das (eigentliche) Skigebiet Brauneck. Denn der 1555 Meter hohe Gipfel ist auch bei Morgendämmerung leicht zu besteigen. Aber einen runden Abschluss findet so eine Sonnenaufgangstour natürlich erst dann, wenn sie bis zum Sonnenuntergang dauert. 

Der Wecker klingelt um 5.00 Uhr. Schnell werden Tee gekocht, Brote geschmiert und ein Müsli verdrückt – zugegeben fast noch im Halbschlaf –, um dann um kurz nach 6.00 Uhr die S-Bahn zur ersten BOB des Tages zu erwischen. Draußen ist noch finstere Nacht. Um 7.10 in Lenggries angekommen, leuchtet uns noch die Weihnachtsdekoration ins Gesicht, ein paar Berge sind schon schemenhaft zu erkennen. Der Weg von der Talstation der Bergbahn aufs Brauneck steigt schnell in die Höhe und auch der Himmel wird schnell immer heller. Aber leider klappt die freie Sicht auf die Sonne nicht so, denn der Himmel ist noch mit einigen Wolken bedeckt. Also gibt es den Sonnenaufgang eben nur in indirekter Weise.

Der Blick in die Morgendämmerung wird aber schnell weitläufiger, man erkennt gut, wo die Ebene aufhört und die Berge anfangen. Bergauf geht es meist über die ausgestorbene Ski-Piste oder an den Schneekanonen vorbei. Über dem hängen träge und still die Sessellifte und warten auf ihre ersten Skigäste. Zum Gehen sind die Verhältnisse recht gut, die einzelnen, aus den Kanonen gefeuerten Schneeflecken kann man recht gut queren. Um 9.10 Uhr sind wir dann schon am Gipfel angekommen. Die Sonne spitzt leicht durch die Wolken und leuchtet die verschneite Zugspitze golden an. Auch das restliche Bergpanorama ist angezuckert vom Schnee, die dünnen Strahlen tragen ein eigentümliches Licht zum beeindruckenden Ausblick bei. Das Brauneck ist verlassen, nur die Bergbahn wirft immer wieder ihr technisches Rattern an den Gipfel.

So früh schon wieder runtergehen? Kommt eigentlich nicht in Frage. Schaut man sich um, fällt einem der vom Brauneck aus westlich gelegene Latschenkopf ins Auge. Der Weg dorthin führt zuerst über einen breiteren dann einen schmaleren Steig. Der Schnee formt sich mittlerweile fast zu  einer kleinen dichten Decke. Manchmal ist der Steig etwas rutschig, aber im großen und ganzen sehr gut gehbar. Und der Blick auf dem Höhenweg ist weiterhin einmalig: Die Sonne hat die Wolken vertrieben und leuchtet uns ins Gesicht, die Berge liegen in leichtem Nebel. Jeder Schritt lohnt sich. Und das allerschönste: Um diese Zeit ist wirklich niemand unterwegs. Ein wunderschönes Bergerlebnis.

Zum Latschenkopf hin kann man dann noch den Vorderen Kirchstein mitnehmen und den Blick aufs nördliche Tal genießen. Am Latschenkopf (1712 m) angekommen, kann man dann nochmal all die Voralpenklassiker wie Ross- und Buchstein, Risserkogel oder den Walberg betrachten, aber auch die eindrucksvolle Benediktenwand weiter westlich. Da es erst gegen 11 Uhr ist, geht es also weiter Richtung Benediktenwand. Vom Latschenkopf aus steigt man nördlich und mit etwas mehr Schnee zu einem kleinen Felstor und einer Wegkreuzung mit Schilderwald ab, die einen dann entweder zurück ans Brauneck oder aber Richtung Benediktenwand und Tutzinger Hütte führt.

Ab hier wird die Wanderung mühsamer, da der Steig unterhalb mit mehr Schnee bedeckt ist und dort auch kaum Sonne hinkommt. Hier sinkt man immer wieder ein, das Schneestapfen kostet Kräfte und dauert einfach mal etwas länger. Nach mehreren mehr oder weniger unfreiwilligen Schneefiguren kommen wir am Rotöhrsattel an. Die 45 Minuten zur Benediktenwand klingen zwar verlockend, doch muss der lange Abstieg Richtung Benediktbeuern bedacht werden. Deshalb entfällt – wegen der vorigen Verhältnisse –  der letzte Gipfel, der Weg abwärts zur Tutzinger Hütte ist dann aber wieder einfacher, auch wenn hier noch einmal einige Schneesenken warten. Die Wand links über einen steht als beeindruckender Fels zur Seite, die Stille um diese Zeit ist eindringlich und beruhigend. Zum Kräftesammeln, Teetrinken und Brotessen kann man sich in einer Nische an der Tutzinger Hütte anlehnen (die Hütte ist im Winter nicht bewirtschaftet) und den Blick auf die große Wand verlängern. Von der Tutzinger Hütte führt ein Weg in Serpentinen durch den Wald hinab Richtung Benediktbeuern. Der Abstieg zieht sich, lohnt sich aber in der späten Nachmittagssonne sehr. Und dreht man sich ab und zu um, kann man sich nochmal einen Blick auf die große Wand gönnen. Nach neun Stunden Wanderung in Benediktbeuern angekommen, belohnt uns die Sonne mit einem wunderschönen Sonnenuntergang über dem Feld. Von Benediktbeuern aus kann man mit Bus und Zug wieder zurück nach München fahren. Die Füße brennen zwar, aber: An einem Wochenende vor Weihnachten nur vier anderen Bergmenschen zu begegnen ist mehr als entspannend!

Die lange Tour erfordert im Winter Geduld und Ausdauer, liefert aber ein tolles Bergpanorama und abwechslungsreiche Pfade.

Insgesamt waren es übrigens 22,5 Kilometer, 1450 Meter Aufstieg und 1511 Meter Abstieg. Im Sommer sicherlich schneller möglich, aber dann muss man auch unbedingt die Benediktenwand mitnehmen!

Von Stefanie Singer

Bergwandern hab ich in der Schule für mich entdeckt: Mit dem Schullandheim in Berchtesgaden und dann bei der Abifahrt auf dem Sentiero della Pace (Friedensweg). Von Konstanz aus war ich in den Schweizer Bergen unterwegs und ein Freund hat meine Liebe zu den östlichen Gebirgen geweckt: Hohe und Niedrige Tatra, Beskiden etc. Ansonsten fahr ich zum Wandern gern nach Norwegen, Irland und Schottland. An den Wochenenden genieß ich, was die Alpen in Deutschland, Österreich und Südtirol zu bieten haben.