Eine Woche vor unserem geplanten Pfingstwochenende ging es nochmal kurz auf Probetour: Wir wollen unseren Oldtimer kurz testen bevor es auf große Fahrt geht. Also ging es Mittwoch Abend in Richtung Hammermühle, einem schönen Zelt- und Wohnmobilstellplatz im Altmühltal. Am Abend schlendern wir noch ein Stück den Altmühlpanoramaweg bevor wir uns nach einigen Runden Kartenspielen ins Wohnmobil verziehen. Am nächsten Tag springt der Oldtimer zwar an, zuckelt aber im Großen und Ganzen recht spitzend vor sich hin. Wir besuchen in Solnhofen noch das Bürgermeister Müller-Museum und die Archetopterixe, dann machen wir uns mit noch mehr Ruckeln und Zuckeln in Richtung Heimat auf. Auch diverse Tipps und Tricks, die bisher eigentlich immer geholfen haben, tun heute nichts zur Sache. Und so beschließen wir wieder zuhause: Das wird nichts mit Wohnmobil, wir brauchen eine Alternative.
Die Alternative ergibt sich nach einer längeren Recherche im Internet: Wir finden eine recht günstige Ferienwohnung auf einem 4****-Campingplatz in Iseo am Iseosee. Der Iseosee ist der kleine unbekannte Bruder des Gardasees und liegt in etwa 40 Kilometer westlich vom Gardasee. Der See ist erheblich weniger touristisch, in den Restaurants wird entweder italienisch oder Englisch gesprochen, Deutsch eher selten. Und mit seinen steilen Felsküsten, engen Küstenstrassen und den umliegenden Bergen erinnert alles an den Gardasee – würde man ihn zwischen Malcesine und Limone abschneiden. Also: Los!
Bei unserer Ankunft und einem ersten Schlendern über den Campingplatz „Del Sole“ fühlen wir uns gleich wohl: Pizzeria, kleiner Shop, Strand, saubere Sanitäre Einrichtungen, Tennisplatz, Swimmingpool, etc. Alles vorhanden. Und nur in etwa einen Kilometer bis ins schöne Ortszentrum mit Pizzerien und Restaurants, mehreren Eisdielen und dem kleinen Hafen, an dem die Boote über den See ablegen.
Wir richten uns noch kurz häuslich ein und pumpen unser kleines Boot auf, um das Wasser entlang des Sees zu erkunden. Einen Sandstrand sucht man hier vergeblich. Der Zugang in den See erfolgt über einen geteertem Weg. Am Abend stellt sich dann auch heraus, warum: Der Wind wechselt täglich mehrmals die Windrichtung und drückt das Wasser dann auch teilweise heftig auf die Kaimauer. Der nette Holländer, der seinen Wagen schon seit fast 20 Jahren jedes Jahr im Sommer hier parkt, berichtet von durchaus heftigen Gewittern.
Auf in die Berge: Zu den Steinpyramiden von Zone
Am zweiten Tag machen wir uns gleich auf, um die Umgebung zur erkunden.
Im Reiseführer ist eine schöne Wanderung auf den Monte Guglielmo o Golem beschrieben. Er ist die höchste Erhebung am Iseosee und immer im Blick, wenn wir am Campingplatz auf den See schauen. Die Wanderung wäre mit 3,5 Stunden Wanderzeit und rund 800 Höhenmetern auch für unsere bergfitten Jungs (9 und 12 Jahre) gut machbar. Jedoch ist die reguläre Auffahrtsstrasse zum Ausgangspunkt am Refugio Croce die Marone gesperrt (den Grund können wir leider nicht in Erfahrung bringen) und der Ersatzweg, den Google Maps vorschlägt eine Schotterpiste. Auf der bewegen wir und auch die nächste Stunde vorsichtig hinauf bis zum Parkplatz. Doch hier ist wohl eine Veranstaltung (was wohl auch der Grund für die gesperrte Strasse ist) und kein Parkplatz zu finden. Also geht es holterdipolter wieder hinunter nach Zone. Als Alternative gib’s zum Glück die Steinpyramiden von Zone, die wir auf dem Heimweg ansteuern.
Bei den Pyramiden von Zone handelt es sich um hohe und spitze Steintürme, die von einem große Deckstein vor der Erosion geschützt werden. Vom Parkplatz oberhalb der Pyramiden führt ein schöner Rundweg in ca. einer Stunde rund um die Pyramiden. An die Pyramiden selbst kann und darf man nicht heran, da jederzeit die Gefahr besteht, dass diese einstürzen. Dafür gibt es einen sehr schönen, direkt von der Strasse erreichbaren Picknick- und Grillplatz, der am heutigen Pfingstsonntag von den italienischen Familien rege genutzt wird. Für Kinderwägen und Rollstühle ist der Weg um die Pyramiden übrigens nicht geeignet, zu steil sind die Ab- und Aufstiege.
Nach einem Besuch der Pizzeria am Campingplatz (Pizzas 6-12€) geht es noch für ein Eis in die Innenstadt. Das beste Eis gibt’s übrigens direkt am Fährhafen in der kleinen, unscheinbaren Eisdiele hinter dem gut besuchten „Ristorante Pizzeria Leon D’Oro“.
Per Schiff auf die Monte Isola
Der Iseosee wurde in den letzten Jahren vor Allem durch eine Kunstinstallation bekannt: Der Künstler Christo hat hier im Juni/Juli 2016 seine Installation „The Floating Piers“ installiert. Ein gelborangen Steg führte damals auf dem Wasser von Sulzano auf die Insel Monte Isola und umrundeten die Insel Isola di San Paolo, die der Eigentümerfamilie des Waffenherstellers Beretta gehört. Die 16 Meter breiten Stege hatten kein Geländer und waren zum Wasser hin flach abfallend gestaltet. Dadurch und durch ihre leicht schwankende Bewegung vermittelten sie den Eindruck, direkt auf dem Wasser zu laufen. Die Gesamtlänge der Stege betrug drei Kilometer. Zusätzlich waren weitere 2,5 Kilometer Wege in Sulzano and Peschiera Maraglio mit dem gelben Stoff ausgelegt. Rund 1,3 Millionen Besucher hatten die Kunstinstallation in 2016 besucht, danach wurde die Installation wieder komplett abgebaut.
Aber auch ohne Christos Installation ist die weitgehend autofreie Insel eine Reise wert. Wir setzen mit der Fähre direkt von Iseo nach Peschiera Maraglio auf Monte Isola über. Wir wollen auf den höchsten Punkt der Insel, zur Wallfahrtskirche Santuario della Madonna della Ceriola.
Auf 3 Kilometern Wegstrecke geht es fast 400 hm steil durch den Wald und über Wiesen hinauf. Der Weg lohnt sich, hat man von oben doch einen geniale Rundumblick auf die umliegende Küste und Berge rund um den See.
Für den Abstieg geht es für uns zuerst nördlich auf dem Kreuzweg zum schönen Picknickplatz und dann auf der Strasse hinunter nach Cure und weiter nach Siviano/Menzino. Anstatt von Menzino direkt zur Fähre nach Sensole oder Peschiera Maraglio kann man auch noch einen kleinen Abstecher hinauf zur Burg machen. Ein kurzer Naturlehrpfad beschreibt die hier heimische Flora und Fauna auf mehreren Tafeln kurzweilig auf italienisch und englisch. Die Burg ist leider in Privatbesitz und nicht zu besichtigen.
Entlang der Strasse – die Insel ist autofrei, außer der Müllabfuhr und einer Buslinie gibt es nur wenige Autos, dafür bewegen sich die Einwohner der Insel hauptsächlich mit Rollern – geht es für uns zurück in Richtung Fähre. Nach einem kurzen Gewitterschauer kommt jetzt die Sonne wieder heraus und trocknet schnell die gesamte Insel.
Auch eine Umrundung der Insel mit dem Rad ist eine schöne Tour. Auf 8 Kilometer Wegstrecke warten nur 100 Höhenmeter auf die Radler. Mit dem Mountainbike wäre auch die Auffahrt zur Wallfahrtskirche möglich, dann summiert sich die Rundtour auf 13 Kilometer und knapp 400 Höhenmeter.
Am nächsten Tag geben wir uns eine Auszeit: Wir lesen, baden, fahren etwas mit dem Boot auf dem See auf und ab und essen… Eis, Pizza, Pasta und Melone. Wofür ist man sonst in Italien?
Von Bossico zu den Sieben Villen und auf den Monte Colombina [4h, 10km, 600hm]
Etwas oberhalb der Ostküste des Iseosees führt eine Schnellstraße durch viele Tunnel nach Pisogne. In rund 20 Minuten ist man so von Iseo am nördlichen Ende des Sees angelangt. Für den heutigen Tag haben wir und eine Wanderung oberhalb des Sees bei Bossico herausgesucht. Von Lovere gilt es aber zuerst einmal fast 650 Höhenmeter hinauf nach Bossico zu gelangen. Einige Serpentinen helfen hierbei. Hartgesottene können die Wanderung auch schon in Lovere oder Sovere starten, müssen dann aber rund zwei Stunden Aufstieg zu unserer Wanderung addieren.
Wir parken am Parkplatz am Sportplatz und gehen zuerst auf die kleine Kirche zu, vor dieser geht es links durch den Ort hinauf zum eigentlichen Wanderparkplatz. Um zu diesem zu gelangen muss man allerdings durch den gesamten Ort mit seinen kleinen Gässchen, was wir nicht empfehlen würden.
Wir folgen der Beschilderung in Richtung der „Sieben Villen“ (Septe ville). Sieben Villen, die im 17. Jahrhundert auf sieben Hügeln oberhalb des Ortes Bossico gebaut wurden und deren Standorte nach den sieben Hügeln Roms benannt sind. Einige Hinweistafeln erklären die Lage und die Historie der einzelnen Villen. Wir haben Glück: Maffeo, Der Vermieter des „Sky House“, einem schönen Appartement in einer der Villen, lädt uns auf einen kurzen Ausflug ein.
Flotten Schrittes folgen wir ihm zur Vila Caprera, die in Privatbesitz und nur im August bewohnt ist. Vor der Villa befindet sich eine Terrasse, von der man einen genialen Ausblick auf den See hinunter hat. Hier schwebt man immerhin fast 800 Höhenmeter über dem See.
Zurück auf dem Weg geht es für uns weiter bergauf und vorbei am kleinen Agritorismo «Cinque Abeti». Im kleinen Restaurant kann man gut die bergamasker Küche genießen oder selbst gemachten Käse probieren. Für uns geht es aber links über den Meditationspfad durch eine Hohlgasse hinauf. Hier sind an ein paar kleinen Stationen immer wieder kleine Denkanstösse angebracht bis der Weg an einem kleinen Platz im Wald mündet, wo es noch weitere Infos zum Meditieren gibt. Alles auf Italienisch versteht sich.
Wir halten uns nach dem Meditationspfad nach rechts und steigen einen weiteren Hohlweg durch den Wald hinauf bis wir auf den regulären Aufstiegsweg vom Agriturismo treffen. Der Weg zieht sich steil hinauf und man macht jetzt deutlich Höhenmeter im Wald. Bald kommt man an eine Wegabzweigung, hier halten wir uns links und kommen nach wenigen Minuten zu einem Pesthäuschen. Hier haben vor einigen Hundert Jahren während der Pest einige Personen ausgeharrt, um nicht der Pest zum Opfer zu fallen. Bei der Aussicht nicht die schlechteste Möglichkeit der Pest aus dem Weg zu gehen.
Vom Pesthäuschen geht es jetzt auf einem Pfad weiter hinauf bis auf ein kleines Plateau vor dem Gipfel des Monte Colombina. Nur noch ein paar Höhenmeter wären es hinauf, doch das Gewitter zieht jetzt doch um den Berg und auf uns zu. Zeit für den Abstieg. Mit der Aussicht auf den See ist gerade eh nicht viel her, den dieser liegt unter uns in den Wolken.
Die in der Hauptsaison auch für Touristen bewirtschafteten Almen lassen wir schnell hinter, denn es fängt an zu hageln und zu regnen. Die nächste halbe Stunde geht es im Gewitter auf gepflasterten Wegen wieder steil hinab. Als wir in Bossico ankommen, klart es wieder auf und die Sonne trocknet und und unsere Klamotten schnell und noch bevor wir am Auto ankommen sind wir wieder schon wieder trocken.
Auf der schönen Westseite des Iseosee fahren wir wieder zurück nach Iseo. Hier gibt es nur wenig Verkehr, dafür eine spannende Strasse entlang der Felsabbbrüche, durch kleine italienische Orte und mit einer genialen Aussicht auf den See, auf die Insel Monte Isola und in die Bergamasker Alpen.
Die Torfmoore des Sebino
Den nächsten Tag unseres Urlaubs verbringen wir am Strand mit etwas Ball spielen, Tretboot fahren und einem kleinen Ausruf in die nähere Umgebung Iseos: Zum Naturschutzgebiet „Torfmoore des Sebino“ (Torbiere del Sebino).
In Iseo parkt man am besten am Sportgelände und überquert die vielbefahrene Strasse. Schon steht man am Rande des Naturschutzgebiets. Pro Person zieht man für einen Euro ein Ticket am Automat. Nun führen mehrere Routen um den ganzen oder Teile des Seen- und Moor-Gebiets. Wir wählen mit den Kindern den Steg hinein in den See zum Aussichtsturm. Vom Steg aus beobachten wir eine Seeschlange, verschiedene Fische und viele unterschiedliche Vögel – vom Schwan bis zum Kormoran. Auf dem Rückweg begleiten uns kleine Hasen zurück in Richtung Strasse. Ein spannender und abwechslungsreicher Ausflug mit den Kindern.
Marktfreitag in Iseo
Freitags verwandelt sich das beschauliche Iseo in das Zentrum des Sees: Die Marktleute mit ihren Marktständen, mit Wurst & Käse, Obst & Gemüse, Klamotten, Werkzeugen, Haushaltswaren, Elektrogeräten und Spielzeug ziehen in die Stadt ein. Dazu kommen mehrere tausend Besucher. Lokale wie internationale. Und auch wir nutzen unseren letzten Urlaubstag für letzte Besorgungen, kleine Geschenke, Olivenöl und italienische Spezialitäten.
Dann genießen wir am Abend noch unser Lieblingsritual zum Urlaubsende: Wir holen am Campingplatz-Restaurant Pizza, setzen uns mit Bier & Pizza an den Strand und lassen den Tag mit Ausblick auf den ruhigen See und die Berge ausklingen.
Infos
Anreise
Über München, Rosenheim, Kufstein, Innsbruck, Brenner bis unterhalb des Gardasees, dann in Richtung Mailand. Von Brescia auf der Landstrasse nach Iseo.
Alternativ über die Schweiz (Sankt Gotthard oder San Bernardino) zum Comer See. Dann über Mailand und Bergamo bis zur Abfahrt Rovato. auf der Landstrasse nach Iseo.
Wer die Landstrasse bevorzugt, kann auch über die Route München – Mittenwald – Seefeld – Inntal – Landeck – Scuol – Berninapass – Apricapass den Iseosee ansteuern. Gerade mit dem Wohnmobil/Bus eine schöne, kurven- und aussichtsreiche Strecke und gute Alternative zum Brenner.
Unterkunft
Unterkünfte aller Preisklassen rund um den See. Campingplätze vor Allem rund um Iseo. Wir waren am Campeggio del Sole in Iseo, einem 4**** Campingplatz mit entsprechend hohen Preisen. Vergünstigung in der Vor- und Nachsaison mit der ACSI-Card.
Aktivitäten
Wandern, Klettern, Bergsteigen, Klettersteige, Kanu fahren, Radfahren und Mountainbiken. Der Iseosee bietet vielfältige Aktivitäten.
Literatur/Reiseführer
Veltlin: mit Bergamasker Alpen und Val Camonica. 54 Touren. Mit GPS-Daten (Rother Wanderführer)
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Hi Thomas,
schöner Bericht und tolle Gegend, allein wegen dem Käse und der Pizza bin ich gern in Italien :D.
Viele Grüße,
Jan