Skitouren heißen Freiheit – aber auch Selbstverantwortung. Und wenn dann noch die eigenen Kinder mit dabei sind heißt es: Auf Nummer sicher gehen. Wir zeigen euch in unserem Artikel die Basics, die ihr mit Kindern auf Skitour braucht, wie ihr am besten einsteigt, welche Ausrüstung man benötigt und wo ihr Hilfe findet.
Mein Sohn geht vor mir. Er zieht einen Ski nach vorne, dann wieder den anderen. Dann wieder den einen, dann den anderen. Der lockere Neuschnee der letzten Nacht staubt bei jedem Schritt etwas nach oben. Die verschneiten Bäume rund um uns entledigen sich auch immer wieder spontan vom bedeckenden Weiß. Wir folgen einer Spur in den verschneiten Bergwald. Nur noch entfernt hört man den Lift surren und den Lärm der Skipiste. Immer stiller wird es mit jedem Schritt in den Bergwald. Auch unsere Jungs (9 und 12 Jahre) werden immer stiller. Nicht, weil ihnen die Puste ausgeht, nein, weil sie staunend die Umgebung wahrnehmen. Und weil sie sich doch etwas konzentrieren müssen um „in der Spur zu bleiben“. Bei jedem Schritt nach vorne ändert sich auch die Umgebung. Der Wald gibt immer wieder neue Aussichten frei, die Spur ändert sich immer wieder. Entweder die Richtung, die Steigung, die Routenführung. Mal in einer langen Gerade, mal in Kurven, mal als kleine Serpentine. Und sie entdecken Tierspuren. Eine Hasenspur hier, die Spur einer Gams dort…
Wir sind am Hochkönig unterwegs. Besser gesagt, am Hochkeil. Einem dem Hochkönig vorgelagerten Gipfel, an dessen Flanken sich ein kleines Skigebiet schmiegt. Hier gibt es schon seit einigen Jahren einen Skitourenlehrpfad. Eine schöne Einsteigerrunde, die einerseits in rund 350 Höhenmetern das erste Gipfelziel für Tourengeher ermöglicht und andererseits auf 10 Tafeln auch die Basics zum Skitourengehen erklärt. Natürlich kann man sich auch in einer der umliegenden Bergschulen einen Guide nehmen und die Tour geführt machen. Wir haben aber nach Kursen und einigen selbständigen Touren selbst schon etwas Erfahrung im Touren gehen und nehmen heute unsere Jungs das erste Mal mit auf Tour.
Skitouren haben nicht nur für Erwachsene ihren Reiz. Auch Kinder fasziniert das eigenständige Vorankommen. Das Entdecken. Das Wir-machen-was-anderes-Gefühl. Doch, was braucht man mit Kindern auf Skitour? Wie plant man eine Tour mit Kindern? Wir haben unsere Erfahrungen hier für euch zusammengestellt:
Verantwortung & Tourenplanung
Als Erwachsener trägt man auf Skitour mit den Kindern die Verantwortung nicht mehr nur für sich selbst als Tourengeher, nein man trifft auch die Entscheidungen für seine Kinder. Insofern ist Zurückhaltung angesagt: Skitouren mit Kindern gehen nur bei sicheren Verhältnissen und auch nur in geeignetem Gelände. Das heißt: Entweder Piste, Skitourenlehrpfad oder einfache, nicht lawinengefährdete Touren mit maximal ca. 500 Höhenmetern und ein bis zwei Stunden Aufstieg eigenen sich am besten für den Einstieg. Doch eine Piste aufsteigen, die man auch mit dem Lift erreichen kann? Langweilig…
Mittlerweile gibt es aber einige ehemalige Skipisten, die nicht mehr für den Skibetrieb genutzt, sondern als Skiroute ausgewiesen, gegen Lawinengefahren gesichert und nur bei sicheren Verhältnissen freigegeben werden. Der Tegelberg bei Füssen ist eines der neuesten Beispiele, der Ronachkopf bei Zell am See, der Taubenstein am Spitzingsee oder der Biberg bei Saalfelden wären weitere Möglichkeiten.
Skitourenlehrpfade wie am Hochkönig gibt es auch am Tegelberg, in Garmisch-Partenkirchen am Eckbauer, in Mittenwald am Kranzberg, am Kolben bei Oberammergau oder am Unternberg bei Ruhpolding.
Ausrüstung
Tourenski und Bindung / Bindungseinsatz
Mittlerweile gibt es von mehreren Firmen kindertaugliche Tourenski: z.B. den SL80 von Dynafit (399€) oder den Hagan Ride Jr. (199€). Natürlich gehen aber auch andere Kinder-Freeride-Ski als Basis. Ein Tourenski definiert sich neben einem passenden Schnitt aber vor Allem durch die Bindung mit Gehmechanismus. Während bis 2018 Jahr nur Hagan mit der Z02 Jr. eine Skitourenbindung für Kinder im Programm hatte, gibt es mittlerweile mit der Dynafit ST Rotation 7 Tourenbindung und mit der ATK CANDY 5 auch Pin-Bindungen mit kindertauglich einstellbarem Z-Wert. Fehlen nur noch passende Felle für den Ski. Diese gibt es entweder direkt vom Skihersteller (ca. 135€ für die Dynafit SL 80 Skifelle, 99€ für die Hagan Ride Jr. Felle) oder alternativ das Basic Kids Zuschneidefell von Contour Skins für 50€.
Wer schon eine komplette Skiausrüstung für die Kinder hat, kann sich zum Einstieg und zum Ausprobieren auch anderweitig behelfen: Contour bietet mit dem Startup einen Tourenadapter an, der einfach in die Skibindung geklickt wird. Zum Aufstieg steigt das Kind mit dem Skischuh in den Tourenadapter.
Oben angekommen wird der Tourenadapter wie die Felle abgenommen und im Rucksack für die Abfahrt verstaut. Der Contour Startup Tourenadapter kostet regulär 99€, dazu werden dann noch die Felle benötigt. Entweder man schneidet dann ein vorhandenes Erwachsenen-Fell zurecht oder kauft für 50€ das Basic Kids Zuschneidefell von Contour Skins.
Skischuhe/Tourenskischuhe
Skitourenschuhe gibt es erst ab Größe 36/37. Darunter müssen die normalen Skischuhe herhalten. Das ist bei Kindern auf Skitour zumeist auch kein Problem, da die Kinderskischuhe weit mehr nachgeben als typische Erwachsenenstiefel und die Tourenlänge meist auch sehr viel kürzer ist als bei Erwachsenentouren. Von Salomon gibt es mittlerweile den QST Access 70T, einen Freeride-Stiefel mit Gehfunktion, der bereits ab Größe 35 zu kaufen ist.
Stöcke
Für die meisten Touren reichen die ganz normalen Skistöcke in der Größe des Kindes. Wer bisher keine Skistöcke besitzt, kann z.B. auch auf die höhenverstellbaren und somit „mitwachsenden“ LEKI Vario XS Speed Lock Wanderstöcke setzen. Diese haben wechselbare Teller, sodass auch Tiefschneeteller eingesetzt werden können und der Stock im Tiefschnee nicht bei jedem Schritt „durchsackt“.
Sicherheitsausrüstung: LVS, Schaufel, Sonde
Auch für Kinder gehört auf Skitour die persönliche Sicherheitsausrüstung dazu: Das LVS-Gerät („Der Pieps“), eine Schaufel und die Sonde gehören auch in den Kinderrucksack – Pistentouren ausgenommen.
Kindern kann man den Umgang mit der Sicherheitsausrüstung auch schnell und spielerisch beibringen. Der Umgang mit dem LVS lässt sich als Suchspiel gut auch im flachen Gelände umsetzen. Schaufeln ist für die meisten Kinder im Schnee eine natürliche Geschichte und wenig erklärungsbedürftig, z.B. um eine Schneehöhle zu bauen. Und zum Üben des Sondierens kann man unterschiedliche Dinge im Schnee (oder unter einer kleinen Schneewächte) vergraben um diese zu erkennen.
Bekleidung
Für die Skitour im Frühjahr und bei Sonnenschein eignen sich Softshell-Hose und Jacke, darunter lange Unterwäsche. Kinder frieren jedoch gerade bei auffrischendem Wind, am Gipfel und bei der Abfahrt viel schneller als Erwachsene. Deshalb sollte man die ersten Touren mit der normalen Skibekleidung gehen, um auszuprobieren, was die Kinder gegen die Kälte benötigen. Helm und Skibrille sollte für die Abfahrt definitiv dabei sein. Beim Aufstieg wird den Kindern schnell unterm Helm zu warm. Deshalb die Mütze nicht vergessen – und auch die Sonnenbrille und die Sonnencreme gegen die Sonne.
Rucksack
Kinder sollten für die Sicherheitsausrüstung ihren eigenen Rucksack haben. Das zeigt ihnen auch die Wichtigkeit der Ausrüstung und macht die Kinder auch etwas stolz. Ein geeigneter Rucksack für Kinder auf Skitour ist z.B. der Deuter Climber. Mit 22 Litern bietet er genügend Platz für Felle, Tourenadapter, die Sicherheitsausrüstung und die Getränkeflasche. Und auch die Ski lassen sich für kürzere Aufstiege oder den Weg vom Auto zum Einstieg in die Tour außen an den Kompressionsriemen befestigen.
Brotzeit, Getränk, Motivation/Süßes
Auf jeder Tour sollte eine Brotzeit und genügen Süßes als Motivation dabei sein. Wichtig ist immer auch etwas Schokolade, Traubenzucker oder ein Müsliriegel, um einen eventuellen „Hungerast“ zu überwinden. Die meisten Kinder haben nur wenig Kraftreserven und müssen diese schnell wieder aufgefüllen. Sonst droht ein Tourabbruch unter Umständen schon auf den ersten Metern. Auch genügend zu Trinken sollte dabei sein. Wir packen auch bei kurzen Touren pro Erwachsenen einen Liter und pro Kind mindestens einen halben Liter Wasser ein. Auch warmer Tee tut bei kaltem Wetter am Gipfel gut. Und als Motivation taugt auch die Einkehr auf der Hütte am Berg erfahrungsgemäß ganz gut.
Das Know-How
Wer mit Kindern auf Tour geht, sollte selbst schon etwas Erfahrung auf Skitour mitbringen.
Hat man das Knowhow noch nicht, besucht man am besten einen Kurs oder geht mit einem Guide auf Tour – oder wählt eine Pistentour oder einen gesicherten Skitourenlehrpfad.
Literatur
Eine gute Einführung ins Thema und vielfältige Tourentipps bietet auch das Buch Skitouren mit Kindern: Tipps, Trick und Routenvorschläge für Familienskitouren von Bernhard Ziegler aus dem Tourentipp Verlag.
Eine gut Übersicht einfacher Skitouren bietet das Buch Pistengehen und leichte Skitouren: Oberbayern, Allgäu, Tirol , DAV Naturverträgliche Skitouren aus dem Verlag Frischluft Edition.
Wer für sich vor der Tour nochmal eine Auffrischung braucht, ist mit dem Buch Skitouren: Ausrüstung – Technik – Sicherheit von Markus Stadler aus dem Bergverlag Rother gut bedient.
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