Outdoor A-Z: Skitour – auf und ab auf Ski

Neben Ski und Bindung, der richtigen Bekleidung sind auch ein LVS-Gerät, Schaufel und Sonde auf Skitour unverzichtbar. Eine kurze Einführung, was ihr als Skitoureneinsteiger wissen müsst…

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Skitour zum Grossen Traithen
Skitour zum Grossen Traithen

Skitourengehen ist das Besteigen von Bergen auf Skiern und die Abfahrt ins Tal zumeist abseits präparierter Pisten. Der Anstieg erfordert Kraft, Ausdauer und Kenntnis über die Schnee- und Lawinenverhältnisse. Für den vollen Skitourengenuss ist das richtige Material ausschlaggebend: Unverzichtbar für eine Skitour sind die Tourenski mit Tourenbindung und Aufstiegsfellen, Tourenskischuhe und Teleskopstöcke mit großen Tellern. Für die Sicherheit sind ein LVS-Gerät, Schaufel und Sonde unverzichtbar.

Schön kupiertes Gelände, im Hintergrund der Dachstein
Unterwegs auf Skitour: Schön kupiertes Gelände an der Gjaid Alm, im Hintergrund der Dachstein

Skigenuss abseits der Piste

Unverspurte Hänge, unendlich viel Weiß, Schnee satt. Hier führt kein Lift mehr hinauf, nur die eigene Muskelkraft. Keine Massen an Skifahrern, nur wir alleine mit dem Berg. So durften wir Skitouren schon einige Male erleben. Ob auf der Lindauer Hütte im Rätikon, auf der Gjaidalm am Dachstein, am Großen Traithen oder auf vielen kleinen und großen Touren dazwischen.

Doch Skitouren gehen heißt nicht einfach, seine Spuren in den genialen Tiefschnee zu ziehen. Skitouren gehen heißt auch, das richtige Equipment und das Know-how an Tourenplanung und Lawinen-Einschätzung am richtigen Ort zu versammeln. 

Skitouren um die Lindauer Hütte
Skitouren mit Aussicht rund um die Lindauer Hütte

Ausrüstung

Beim Kauf von Tourenski und Tourenbindung ist der Anwendungszweck entscheidend für die Auswahl: Aufstiegsorientiert leicht oder Abfahrtsorientiert stabil und schwer.

Aufstiegsorientierte Tourenski (für Training und Wettkampf) haben eine Mittelbreite bis maximal 90mm, als Bindung dient eine leichte Pin-Bindung. Auch der Skitourenstiefel ist ein entsprechend leichtes (Wettkampf-/Carbon-)Modell. Vorteil: Geringes Gewicht für den Aufstieg, gut für ausdauernde Touren. Nachteil: Geringer Auftrieb im Tiefschnee, schlechte Steuerung bei der Abfahrt.

Tourenski im Freetouring-Bereich fokussieren auf den Abfahrtspaß. Die Ski ab 90mm Mittelbreite schwimmen auch im Tiefschnee gut auf lassen sich gut steuern. Als Bindung kommen freeride-orientierte Pin-Bindungen oder Rahmenbindungen zum Einsatz. Der Tourenstiefel ist hier schon etwas schwerer und bietet durch mehr Steifheit mehr Sicherheit für die Abfahrt. Für den Aufstieg gilt es natürlich erheblich mehr Gewicht den Berg hinauf zu transportieren. Gerade bei langen Touren entsprechend anstrengender als aufstiegsorientierte Tourenski.

Freeride-Tourenski haben zwar eine Gehfunktion, sind aber eher auf einen Aufstieg mit der Bahn ausgelegt und ermöglichen den letzten Zustieg zu Abfahrten abseits der Piste und im Tiefschnee. Die dicken Bretter (ab ca. 108mm Mittelbreite) schwimmen im Tiefschnee sehr gut auf, wiegen aber auch entsprechend mehr. Zum Einsatz kommen hier zumeist robuste Rahmenbindungen oder Hybridbindungen.

Die Länge von normalen Tourenski wählt man ca. 5-10cm unter Körperlänge (für einfachere Spitzkehren). Freeride-Ski werden normalerweise 5-10cm größer gewählt als die Körperlänge, um für mehr Auftrieb zu sorgen.

Pinbindung oder Rahmenbindung?

Rahmenbindungen sehen aus wie normale Skibindungen, sind jedoch auf einer dreh- und arretierbaren Platte montiert, um den Gehmechanismus zu realisieren.

Skitourenset für Einsteiger: Wedze-SET XLD RT 500 von Decathlon für Einsteiger: Wedze-SET XLD RT 500 von Decathlon
Klassische Rahmenbindung, die Tyrolia Ambition AAA

Pin-Bindungen bestehen namensgemäß nur aus Pins, also Metallstiften, die den Schuh auf dem Ski fixieren. Der Erfinder der Pin-Bindungen Fritz Barthel hat das Konzept aufgrund des einfachen Aufbaus „Low Tech Bindung“ genannt.

Bei Pin-Bindungen wird der Ski beim Aufstieg vorne nur durch zwei Stahlstifte, die Pins, fixiert. Bild: ATK

Bei langen Touren eignen sich Pin-Bindungen aufgrund des niedrigeren Gewichts und des optimalen Drehpunktes im Aufstieg besser. Steht die Abfahrt im Vordergrund oder nutzt man seinen Ski auch auf der Piste, haben Rahmenbindungen wegen der dämpfenden Eigenschaften, Elastizität und Sicherheitslösung klare Vorteile. Einsteiger tun sich oft mit einer Rahmenbindung beim Einstieg einfacher – auch, weil man eine Rahmenbindung zum Test und für kurze Touren auch mit normalen Alpin-Stiefeln nutzen kann. Für die Abfahrt wird die Rahmenbindung durch einen Mechanismus am Hinterbacken (z.B. bei der Fritsch Scout oder der Tyrolia Ambition) oder in der Bindungsplatte fixiert (Marker F10 Tour, etc.). Bei Pin-Bindungen gibt es am Hinterbacken normalerweise einen Drehmechanismus zum Umstellen von Aufstiegs- auf Abfahrtsmodus.

Mittlerweile gibt es auch Bindungen wie die Salomon Shift, die das Beste aus beiden Welten verbinden: Pins für den Aufstieg und alpine Vorder- und Hinterbacken für die Freeride-Abfahrt. Auch Hybriden wie der Fritschi Tecton mit der Mischung aus Pinbindungen mit alpinen Hinterbacken sind mittlerweile beliebte Optionen, um Gewicht zu sparen und trotzdem Komfort und Sicherheit bei der Abfahrt zu genießen.

Unterwegs auf aufgelassenen Pisten unterhalb des Taubensteins
Unterwegs auf aufgelassenen Pisten unterhalb des Taubensteins, Spitzingsee

Steigfelle

Ski- oder Steigfelle sorgen dafür, dass man beim Aufstieg nicht bei jedem Schritt wieder nach hinten rutscht. Felle gibt es aus Polyamid/Nylon oder etwas teurer aus Mohair (bessere Gleit- und Bremseigenschaften, kaum Stollenbildung). Die Haftung der Felle am Ski erfolgt durch Kleber, der auf der Rückseite des Fells angebracht wird oder bei neuen (teuren) Fellen durch Adhäsion. Am Berg angekommen, legt man die Felle zusammen und verstaut diese in der Jacke oder im Rucksack. 

Zwischenziel Taubensteinhaus
Zwischenziel Taubensteinhaus: Auf Tour scheint nicht nur die Sonne.

Tourenstiefel

Skitourenstiefel sind leichte Skischuhe mit Aufstiegsfunktion. Für den Aufstieg wird der „Gehmodus“ aktiviert und der Skischuh ermöglicht einen größeren Bewegungsradius. Am Berg angekommen wird der Schuh verriegelt, sodass der Schuh wie ein Skischuh fixiert ist. Auch hier gilt: Je schwerer der Schuh, desto besser ist die Steuerung in der Abfahrt. Leichte Stiefel gehen bis ca. 1.500 Gramm je Schuh, darüber bieten die Abfahrtsorientierten Stiefel mehr Stabilität bei der Abfahrt.

Durch das Latschenfeld
Aufstieg zum Seehorn im Steinernen Meer, Berchtesgadener Alpen

Sicherheitsausrüstung 

LVS, Schaufel & Sonde

Um im Falle einer Lawinenverschüttung gefunden zu werden oder seinen Skitouren-Kollegen zu finden, benötigt man auf Skitour Sicherheitsausrüstung: Das Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS oder umgangssprachlich „Pieps“), Schaufel und Sonde gehören zum Standard auf Skitour. Natürlich sollte man auch wissen, wie man im Notfall mit der Technik umgeht!

Mammut Set aus Barryvox LVS, Schaufel und Sonde
Mammut Set aus Barryvox LVS, Schaufel und Sonde

Alles gut verpackt: Der Rucksack

Skitouren-Rucksäcke bieten die Möglichkeit, die Ski für steile und felsige Aufstiege am Rucksack zu befestigen. Eine Halterung für Skistöcke und Helm ist Standard. Im Idealfall besitzt der Rucksack ein separat zugängliches Fach für die Sicherheitsausrüstung (Schaufel, Sonde, Erste Hilfe-Set). Abgesehen von Tagestouren im Freeride-Bereich ist ein ABS-Rucksack (Lawinen-Airbag) auf Skitour  bisher aufgrund des zusätzlichen Gewichts kein Standard.

Den Dachstein immer im Blick
Neuschnee auf Skitour am Dachstein

Nicht zu warm, aber mit Reserve:
Richtig gekleidet auf Skitour

Das Zwiebelschicht-System ist die ideale Grundlage für die Bekleidung auf Skitour: Grundsätzlich ist eine Softshell-Jacke und -hose mit Ski-Unterwäsche darunter die richtige Wahl für den Aufstieg. Für den Gipfel oder die Pause hat man am besten eine Weste oder eine warme Jacke aus Daune oder Kunstfaser dabei. Gegen Wind und Regen hilft eine leichte Hardshell-Jacke und eine wasserdichte Tourenhose. Da man das Gewicht ja immer mit einrechnen muss, liegt hier der Focus auf leichter, atmungsaktiver und gut kombinierbarer Ausrüstung.

Für schnelle, aufstiegsorientierte Touren nutzt man normalerweise dünne Softshell-Bekleidung. Eine leichte Softshell-Hose und Jacke, alternativ eine Weste, darunter die Funktionsunterwäsche. Ein leichter Rucksack (<20l) reicht für die Sicherheitsausrüstung, Müsliriegel und Wasser, sowie wasserdichte Jacke und Isolationsjacke.

Klassische und mehrtägige Skitouren erfordern eine Lösung für jedes Wetter. Ob frühlingshafte Temperaturen und Sonnenschein beim Surfen im Firn oder zapfige Temperaturen bei blankem Eis am frühen Morgen. Hier kombiniert man Soft- und Hardshell, Daunenjacke und Co. geschickt im Zwiebelschicht-Prinzip. Der Rucksack ist hier zumeist größer, um Hüttenschlafsack und Wechselwäsche unterzubekommen (>30l)

Beim Freeriden kommt eher die klassische, schwere Ski-Ausstattung zum Einsatz: Eine gefütterte Hardshell-/Skijacke und Hose, darunter wärmende Funktionsunterwäsche. Hier wird normalweise auch ein klassischer Skihelm für die Abfahrt genutzt. Oftmals kommt hier auch ein Lawinenrucksack mit Airbag-System als Sicherheitsreserve zum Einsatz.

Skitour zum Grossen Traithen
Skitour zum Grossen Traithen

Das Know-how: Lawinen & Co.

Um sicher auf Tour unterwegs zu sein, benötigt es einiges an Know-how bezüglich der Tourenplanung und beim Lesen und Interpretieren des Lawineinlageberichts. Hierfür gibt es Kurse beim DAV, DAV Summit Club, Bergschulen, etc. Bestandteil ist hier immer auch die Suche und Rettung von Verschütteten aus einer Lawine. Auch Kurse zur Skitechnik abseits der Piste sind im Angebot vieler Berg- und Skischulen und machen durchaus Sinn, wenn man neu außerhalb der Pisten ist.

Ehemalige Piste, jetzt Skitourenlehrpfad am Unternberg bei Ruhpolding
Ehemalige Piste, jetzt Skitourenlehrpfad am Unternberg bei Ruhpolding

Pistentouren & Skitouren-Lehrpfade

Zum Ausprobieren eignen sich auch Pistentouren auf ausgewiesenen Routen im Skigebiet. Hier steigt man entlang einer Piste oder auf einer ausgewiesenen Route in Skigebitsnähe auf und nutzt dann die Pisten zur Abfahrt. Die Ausrüstung  inkl.  Sicherheitsausrüstung kann man auch im Sportgeschäft im Skigebiet mieten.

Spur durch den Tiefschnee: An der Hochries im Chiemgau

Besonders Skitouren-Lehrpfade mit Tafeln und hilfreichen Informationen bieten auch die Möglichkeit für ein gelungenen Einstieg: Hier erfolgt der Aufstieg zumeist auf ehemaligen Pisten. Auf Informationstafeln findet man Hinweise zu Lawinengefahr, Gehtechnik & Co. Einen Kurs ersetzen die Lehrpfade aber nicht!

Weiterführende Beiträge

Von Thomas

Schon von klein auf viel in den Bergen unterwegs sind Wandern, Skitouren, Schneeschuhwanderungen und alles rund um die Berge meine Hobbies. Vater von zwei nicht mehr ganz so kleinen Bergfexen und sozusagen der „Chef“ von mehr-berge.de ;-)