Watzmann-Überschreitung: Vom Watzmannhaus zur Wimbachgrieshütte

Die Watzmann-Überschreitung ist eine traumhafte, aber lange Tour für erfahrene Bergsteiger in ausgesetztem Gelände [23,4 km, 12 h, Auf-/Abstieg 2.382 hm]

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Die Watzmann-Überschreitung gehört ins Tourenbuch eines „jeden halbwegs ambitionierten Alpinisten“ – so schreibt Michael Pröttel in seinem Buch Königstouren der Ostalpen. 

Nach der Überschreitung der Zugspitze vom Höllental zur Wiener Neustädter Hütte im letzten Jahr war es dieses Jahr Zeit für Watzmann, den dritthöchsten Gipfel Deutschlands – oder den höchsten Gipfel, der komplett auf deutschem Boden steht. Und somit ging es Mitte Juli an einem Sonntag Nachmittag vom Parkplatz an der Wimbachbrücke bei Ramsau zuerst einmal los in Richtung Watzmannhaus.

Von der Wimbachbrücke zum Watzmannhaus

Bei rund 30 Grad im Schatten packen wir die Rucksäcke – noch diskutierend, ob wir das Klettersteigset nun jetzt mitschleppen oder ob wir uns lieber das Gepäck sparen wollen. Wir entscheiden uns für die sichere Variante und packen Klettergurt und Klettersteigset lieber ein.

Es geht von Anfang an steil los. Nach einer Stunde durch den Bergwald ist die Stubenalm erreich und lädt zu Brotzeit und Getränken. Wir ziehen aber schnellen Schrittes vorbei, denn das Watzmannhaus und das Hocheck sind schon in Sicht. Doch die Tafel verspricht immer noch 2,5 Stunden hinauf zum Watzmannhaus. Eine halbe Stunde später stehen wir aber schon an der Mitterkaseralm. Ab hier wird der Weg immer schmäler und steigt in Serpentinen hinauf bevor man die Falmzalm erreicht. Noch eine halbe Stunde geht es steil hinauf, dann noch eine kurze ausgesetzte Querung und endlich steht man unterhalb des Watzmannhauses. Statt 4 in 2:45 Stunden. 

Für uns ist heute hier Schluß, wir beziehen kurz unser Matratzenlager und machen es uns dann für den Rest des Tages bei Bier, Radler und leckerer geräucherter Forelle mit Bratkartoffeln und Kaiserschmarren auf der Hüttenterrasse gemütlich. Ein perfekter Sonnenuntergang färbt die Umgebung in allen erdenklichen Farben. 

Die Watzmannüberschreitung: Watzmannhaus zum Hocheck

Früh um 5:30 Uhr geht es los: Statt Frühstück packen wir es gleich und starten in Richtung Hocheck. Nach 5 Minuten heißt es schon wieder umkehren. Die Stecken stehen noch auf der Hütte. Also zurück, Stecken holen und wieder hinauf. Zuerst geht es einen Pfad über die Almwiesen oberhalb des Watzmannhauses. Dann folgt plattes Gelände. Hier kann man sich immer wieder entscheiden, ob man lieber auf den felsigen Platten geht oder dem ausgetretenen Pfad folgt. 

Bald folgt ein kurzes seilversichtes Stück, bei dem man kurz die Hände einsetzen muss, bevor man wieder zurück im Schrofengelände hinaufzog Hocheck-Gipfel mit seinem goldenen Herrgott am Kreuz quert. Gipfel 1: Geschafft. Zeitbedarf Watzmannhaus – Hocheck: 1,5 Stunden.

Watzmannüberschreitung: Hocheck bis zur Mittelspitze

Am Hocheck werfen wir einen Blick in Richtung Mittelspitze und legen wie die meisten zuerst einmal Klettergurt und Klettersteigset an. Noch ein Blick in die kleine Notunterkunft und schon geht’s los. Aber Halt: Vor uns versucht sich ein anderer Aspirant am ersten Stück der Überschreitung – am Boden robbend. So geht’s nicht vorwärts. Glücklicherweise können wir überholen, nur um hinter den nächsten langsameren Bergsteigern anzustehen. 

OK, einen Geschwindigkeitsrekord à la Toni Palzer mit seinen 2 Stunden und 47 Minuten hatten wir eh nicht angestrebt. Aber es ist noch ein weiter Weg hinüber zur Mittelspitze, Südspitze und dann hinab ins Wimbachgries und zurück zur Wimbachbrücke. Zum Glück können wir bald überholen. 

Zum Einstieg ist das Klettersteigset ganz praktisch, um eventuell aufkommende Zweifel an der Entscheidung für die Überschreitung auszuräumen. Nach mehreren seilversicherten Stellen findet das Set immer seltener Gebrauch und stört dann eigentlich nur mehr. Bis zur Südspitze bleibt es aber zur Sicherheit griffbereit.

Auf dem Weg zur Mittelspitze geht es immer wieder auf und ab. Mal laufend, mal steigend, mal am gespannten Seil, mal über Platten und über Bänder.

Doch nach rund 1,5 Stunden ist der Mittelteil geschafft und wir stehen am Kreuz der Mittelspitze. Dem höchsten Punkt des Watzmanns und genießen den Ausblick. Das Problem: Die Südspitze erscheint so viel weiter weg als das Hocheck und der Weg zeichnet sich hier nicht wirklich ab. Es bleibt spannend.

Von der Mittelspitze zur Südspitze: Der spannendste Teil der Watzmannüberschreitung

Ab der Mittelspitze werden die Versicherungen immer weniger, das Gelände steiler, die Bänder ausgesetzter als beim ersten Teil der Überschreitung.

Wir starten in den Abstieg, zuerst steil hinab, um dann wieder an einem Band aufzusteigen. Das Spiel wiederholt sich mehrere Male. Mal seilgesichert, mal ohne.

Beeindruckend: Mal gibt es den Blick nach rechts in Richtung Wimbachgries – unserer Reststrecke nach Beendigung der Überschreitung und dem Abstieg zur Wimbachgrieshütte-, mal nach links in die Watzmann Ostwand und hinunter zum Königssee, aber auch mit weitern Ausblicken auf das Hagen- und Tennengebirge und den Dachstein dahinter.

Kurz vor dem Ziel, der Südspitze, geht es nochmal zur Sache: Zuerst über ein Band rechts um einen Felsblock, dann auf einer ausgesetzten Querung links des Felsens bevor man auf einem kleinen Gratstück nochmal mit Seilversicherung und steilen Abbrüchen zu beiden Seiten aufsteigt.

Endlich: Um 10:30 Uhr ist die Südspitze erreicht. Mit Wartezeiten und kleinen Pausen waren wir von der Mittelspitze zwei Stunden unterwegs. Zeit für eine ausführliche Pause.

Abstieg: Von der Südspitze zurück ins Wimbachgries

Die Pause möchte man dank der gebotenen Aussicht auf den Königssee, das Steinerne Meer unter uns und die Gletscher der Hohen Tauern im Hintergrund gar nicht mehr beenden. Zudem stehen ja auch 1.800 Höhenmeter Abstieg an. Aber die Wasservorräte werden auch nicht größer und so heißt es aufbrechen.

Bis zur Wimbachgrieshütte sind 3,5 Stunden, bis zur Wimbachbrücke 5,5 Stunden angeschrieben. Uff…

Genau in südlicher Richtung geht es abwärts. In unendlichen Serpentinen auf schottrigem Felsgelände, mal einfach wandernd, mal leicht kraxelnd geht es abwärts. Dann öffnet sich das Gelände und weite Schuttreißen laden zum Abfahren ein – wenn man sich traut. Oder man läuft dem Weg auf Schotter und Steinen aus…

Nach einer weiteren Steilstufe wird das Gelände grüner und der Schotter weicht zurück. Auf 1.100 Höhenmetern gibt es dann endlich eine willkommene Pause: An einem Bachlauf gibt es endlich fließendes Wasser. Wir trinken zuerst mal einen Liter und füllen dann die Trinkflaschen für den Weiterweg nochmal auf.

Anschließend geht es zwei lange sandige Rinnen hinunter. Hier sind Seile gespannt, an denen man sich gut entlang hangeln kann. Dann noch einmal ein ausgetrocknetes Bachbett queren und ein paar Meter bergauf, bevor die letzten Meter hinunter ins Wimbachgries warten.

Nun geht es schneller vorwärts und nach rund 25 Minuten steht man an der Wimbachgrieshütte. Zeit für eine Einkehr im gemütlichen Biergarten – oder auch eine Übernachtung. Dann könnte man am nächsten Tag nach St. Bartholomä wandern und gemütlich mit dem Elektroboot zurück nach Königssee schippern.

Nach einem Radler und einem Stück Kuchen treten wir den weiteren Abstieg an: 1,5 Stunden zum Wimbachschlösschen und 2 1/4 Stunden bis zur Wimbachbrücke stehen noch an. Diese gehen aber recht schnell vorbei. Auf dem gut zu gehenden Schotterweg geht es vorbei am Wimbachschlösschen und seinem Biergarten (OK, die nette Bedienung durfte uns doch noch zwei, drei Radler servieren), am Ende der Wimbachklamm vorbei bis zum Parkplatz hinab.

Geschafft. Nun noch ein kurzes abfrischendes Bad in der Ramsauer Ache und schon sind wir fast wieder hergestellt und reif für die Heimfahrt.

Information

Allgemein

23,4 km , 12 h, Auf-/Abstieg 2.382 hm 

Karte

Anforderungen

Die Watzmann-Überschreitung fordert den ganzen Alpinisten: Erfahrung im ausgesetzten Schrofen- und Felswände, Steige und Kletterpassagen – und natürlich Ausdauer für 10-14 Stunden Tour bei gesamt fast 2.400 Höhenmetern Auf- und Ab. Eine Übernachtung auf dem Watzmannhaus und evtl. auch auf der Wimbachgrieshütte verkürzt die Tour erheblich.

Die Tour ist KEIN Klettersteig. Jedoch befinden sich an den besonders ausgesetzten Stellen Seilversicherungen. Ein Klettersteigset kann man gut einsetzen. Wir haben es am Anfang genutzt dann aber immer weniger gebraucht.

Wer schon am Anfang überfordert ist, sollte baldmöglichst umdrehen und maximal bis zur Mittelspitze gehen. Ab der Mittelspitze werden die Seilversicherungen weniger und die ausgesetzten Passagen und zu querenden Bänder länger.

Vorbereitungstouren

Heilbronner Höhenweg, Mittenwalder Höhenweg mit Aufstieg über das Damkar, Hochvogel, Saalfeldener Höhenweg mit Persailhorn-Klettersteig, Zugspitze über Höllental

Route & Gehzeiten

Wimbachbrücke – Watzmannhaus 3 Std., Watzmannhaus – Hocheck 1,5 Std,. Hocheck – Mittelspitze 1,5 Std., Mittelspitze – Südspitze 2 Std., Südspitze – Wimbachgrieshütte 3 Std., Wimbachgrieshütte – Wimbachbrücke 2,5 Std.

Detaillierte Tourenbeschreibung

Eine Tourenbeschreibung mit detaillierten Infos, Schritt für Schritt-Bildergalerie, etc. findet ihr auf alpin.de.

Von Thomas

Schon von klein auf viel in den Bergen unterwegs sind Wandern, Skitouren, Schneeschuhwanderungen und alles rund um die Berge meine Hobbies. Vater von zwei nicht mehr ganz so kleinen Bergfexen und sozusagen der „Chef“ von mehr-berge.de ;-)