Schneeschuhe eignen sich für Nicht-Skifahrer, um die Wandersaison in den Herbst und Winter zu verlängern. Snowboarder, die kein Splitboard besitzen, können mit Schneeschuhen aufsteigen und anschließend mit dem Board abfahren. Oder man nutzt die Schneeschuhe einfach zum Spaß für gemeinsame Touren.
Beim Schneeschuh gehen gilt es aber doch einiges zu beachten, vor Allem das Thema Lawine spielt hierbei eine große Rolle: Sowohl was die Ausrüstung mit LVS-Gerät, Schaufel und Sonde angeht, aber auch das notwendige Know-how was Tourenplanung und die Verschüttetensuche im Notfall angeht.
Der Alpenverein bietet für Wanderleiter und Trainer C Bergsteigen eine Zusatzqualifikation an, die für die Führung von Sektionsgruppen das notwendige Know-how vermittelt. Wir waren die letzten Woche unterwegs und haben den Schneeschuhguide-Kurs alias die ZQ Schneeschuhbergsteigen hinter uns gebracht.
1. Versuch 2018: Mit Schneeschuhen um die Schwarzwasserhütte
Vor vier Jahren habe ich die Ausbildung schon einmal begonnen. Nach drei Tagen auf Touren rund um die Schwarzwasserhütte, viel Theorie und Praxis und vielen neuen Erfahrungen beim Führen einer Gruppe durch den Schnee hatte der Kurs für mich aber ein jähes Ende: Beim Abstieg stolpere ich über meine eigenen Füße samt Schneeschuhen und breche mir dabei das Sprunggelenk. Über den Kursabbruch und die anschließende Rettungsaktion hatte ich damals schon mal geschrieben.
1. Kursteil: Mit Schneeschuhen unterwegs im Allgäu
Ende Januar ging es für eine Woche Schneeschuhausbildung ins Allgäu – genauer gesagt ins Berghotel Sonnenklause bei Sonthofen.
Nach der Anreise mit Bahn und Bus treffen wir uns Sonntag Abend im Hotel. Die Woche startet mit dem Abendessen und direkt danach geht es los mit der Besprechung des Wochenablaufs und einer ersten Theorieeinheit zum Thema Ausrüstung.
Der zweite Tag startet nach dem Frühstück wie der erste Abend geendet hat: Mit einer weiteren Theorie-Einheit zum Thema Lawinen und Tourenplanung. Am späten Vormittag geht es dann endlich hinaus ins Freie: Bei unserer ersten „selbst geplanten“ Tour geht es in abwechselnder Führung hinauf auf den Kohlersberg. Am Sonnenkopf vorbei steigen wir wieder hinab zur Sonnenklause. Jeder zukünftige Schneeschuhguide darf eine Teilsektion führen und bekommt im Anschluss Hinweise zu Führungstechnik, Spurlage und Tempo. Dabei erfahren wir viele weitere Informationen zu Umweltbildung, Lawinen, Lawinengefährdung und dem Umgang mit der SnowCard. Zurück an der Sonnenklause erwartet uns noch eine weitere Theorieeinheit und die Tourenplanung für den nächsten Tag. Hier gilt es Länge und Gehzeiten einschätzen zu lernen und mögliche Gefahrenpunkte für die geplante Strecke zu identifizieren.
Theorie & Praxis im Wechsel
Der dritte Tag startet mit 40cm Neuschnee und steigender Lawinengefahr. Den für heute geplanten Aufstieg zum Sonnenkopf spuren wir stoisch schwitzend hinauf und legen eine schöne Spur über die breiten ehemaligen Skipisten. Ab dem Sonnenkopf wird es dann auch interessant: Der geplante Weg über zum Heidelbeerkopf zum Schnippenkopf ist entgegen unserer Erwartung nicht vom Wind abgeblasen, sondern wir stecken bis zur Hüfte im Tiefschnee. Ein Durchkommen ist hier heute nicht möglich und so treffen wir die Entscheidung: Abbruch der Tour und Rückkehr zur Sonnenklause.
Die zweite Gruppe unseres Kurses hatte die Tour andersherum probiert und sich rund zwei Stunden an der Entschenalpe durch den Tiefschnee in Richtung Schnippenkopf gegraben. Auch mit der Konsequenz eines Tourabbruchs und der Rückkehr in unser Berghotel zur nächsten Theorieeinheit zum Thema Wetter und Orientierung.
LVS-Training
Am Mittwoch und zur Halbzeit der Ausbildungswoche steht bei Lawinenwarnstufe 3 (beim deutschen Lawinenwarndienst) bis 4 (beim Tiroler Warndienst im nächsten Tal) statt einer Tour das LVS-Training an: Auf einem 50x50m großen Testfeld üben wir mit vier Teststationen im Viereck den Umgang mit dem LVS-Gerät (LawinenVerschüttetenSuch-Gerät). In der Prüfung zum Ende der Woche muss ein Verschütteter innerhalb von sechs Minute gefunden und mit der Sonde bestätigt werden. Im Prüfungskurs gelten dann verschärfte Bedingungen: Hier müssen zwei Verschüttete innerhalb von sechs Minuten gefunden werden.
Der fünfte Tag unserer Woche steht im Zeichen einer längeren Tour: Bei der aktuellen Lawinenlage bietet sich ein Allgäuer Klassiker an: Das Wertacher Hörnle von Unterjoch. Anstatt des Winterwanderwegs nehmen wir eine eigene, am Vorabend geplante Route über die Heisenlochalpe. In wechselnder Führung ziehen wir hinüber und hinauf auf den schönen Gipfel. Beim Abstieg bauen wir noch einen Brotzeittisch und genießen bei einer ausgedehnten Brotzeit die Aussicht. Abends steht als Vorbereitung für den Prüfungskurs natürlich noch eine Lektion Theorie auf dem Programm bevor wir noch die Tour für den letzten langen Kurstag planen.
Übungstouren auf das Werthacher Hörnle und zum Höllritzereck
Von Gunzesried-Säge geht unsere letzte Tour in Richtung Höllritzereck. Doch bevor wir den Gipfel erreichen treffen wir auf die zweite Gruppe und richten uns „häuslich ein“. Der Prüfungsteil LVS-Suche steht an und so suchen wir ein geeignetes Hangstück. Einer nach dem anderen darf sich auf die Suche nach einem von zwei „verschütteten“ LVS-Geräten machen. Dazu haben wir acht Minuten Zeit. In der Prüfung im zweiten Kursteil werden es dann sechs Minuten für zwei Verschüttete sein. Die Verschütteten müssen per Sondenstich lokalisiert werden. Um etwas mehr Oberfläche zu haben steckt das LVS-Gerät dazu in einer speziellen 50x50cm großen Tasche. Den meisten gelingt die Suche auch, während die anderen einen große Brotzeittisch aufbauen und einer der Teilnehmer sogar Gaskocher und Espressokocher auspackt und alle mit Kaffee versorgt.
Nach dem Prüfungsteil geht es wieder in wechselnder Führung zurück zum Parkplatz. Im Berghotel erwartet uns wie gewohnt noch eine Runde Theorie.
Der letzte Tag bringt dann persönliches Feedback für alle Teilnehmer. Die beiden ausbildenden Bergführer haben für jeden ein paar persönliche Worte wie Die Woche aus ihrer Sicht gelaufen ist, wo noch etwas Übung für das Prüfungswochenende notwendig ist und wo Stärken und Schwächen liegen. Nach einer kurzen Feedbackrunde ist dann auch Die Woche schon wieder vorbei…
Weitere Links zum Thema
2. Kursteil: Das Prüfungswochenende
Sechs Wochen später bin ich etwas nervös auf dem Weg nach Obernberg am Brenner. Hier soll in vier Tagen von Donnerstag bis Sonntag die Prüfung stattfinden, ob ich als „Schneeschuhguide“ geeignet bin. Von „Almis Berghotel“ und seinem Komfort werden wir nur wenig mitbekommen: Zwei Prüfungstouren, eine theoretische Prüfung und eine praktische Prüfung in Form einer LVS-Suche auf Zeit stehen auf dem Programm.
Gleich nach Ankunft und kurzem Kennenlernen geht es nach dem Abendessen gleich los: Das Ziel für die Führungstour wird ausgegeben und eigenständige Tourenplanung steht an. Von der Anfahrt zum Ausgangsort über notwendiges Material (Schneeschuhe, Stöcke, Brotzeit, Erste Hilfe Set, Biwakset, etc.) und die eigentliche Tour mit Wegführung, kritischen Stellen, Lawinenlagebericht und Wettervorhersage will alles geplant und abgesprochen werden. Unser Bergführer prüft unsere Planung kurz bevor es in Richtung Bett geht. Auf dem Zimmer sind dann doch wieder die Fragen der theoretischen Prüfung Thema bevor dann doch recht bald die Lichter ausgehen.
Die erste Prüfungstour
Der erste Prüfungstag startet dann für den ersten Prüfling direkt am Parkplatz: Kurze Vorbesprechung und Check der Ausrüstung vor Abfahrt, LVS-Check dann am Startpunkt der Tour. Es geht wieder in abwechselnder Führung hinauf, in unserem Fall auf den Niedererberg und den Fraderstaller. Dabei gilt es immer auf so einiges zu achten: Generell den Weg auf den Berg zu finden, dabei eine schön gangbare und lawinensichere Linie für die Teilnehmer zu finden, das Tempo so einzustellen, dass alle mitkommen, dabei notwendige Pausen nicht verpassen, etc. Der Bergführer ist heute nur Begleiter und Prüfer und unerwartet ruhig: Feedback gibt es erst am letzten Tag.
Zurück von der ersten Tour nutzen wir die Zeit und vergraben noch die Sondierkissen und üben nochmals mit LVS und Sonde für die Prüfung am letzten Tag. Nach dem Abendessen wir die Tour des nächsten Tages ausgegeben und von den Teilnehmern die Route geplant. Nach der erste Tour sind die einen beruhigt und froh, den erste Tag hinter sich zu haben. Die anderen sind wie ich eher unruhiger und nicht mehr so ganz sicher, ob das mit der Schneeschuh-Ausbildung eine gute Idee war.
Die zweite Prüfungstour
Der zweite Prüfungstag startet für mich direkt: Ich soll als erster Führen und starte vor der Abfahrt zum Ausgangspunkt mit einem kurzen Ausrüstungscheck. Für uns geht es vom Gasthof Waldesruh vorbei am Obernberger See hinauf auf den Grubenkopf. Auch eine beliebte Skitour. Nach kurzem LVS-Check geht es auf der spiegelglatten, vereisten Rodelbahn ein Stück das Tal entlang bevor wir über freie Almwiesen aufsteigen. Eigentlich ist es gar nicht so schlecht, den Anfang im einfachen Gelände zu machen, denn später erwartet uns noch ein schmaler, felsiger Grat zwischen Grubenkopf und Portjoch.
Doch zunächst gilt es den Weg zu finden, ein Blick auf das Smartphone und die Alpenvereinaktiv-Karte zwischendurch hilft. Auch beim Alpenverein ist die Planung nicht mehr nur rein auf der Papier-Karte. In der Vorbereitung und auch auf Tour sind digitale Karten zur Navigation erlaubt. Gerade für die Planung und die Abschätzung der Hangneigungen ist Alpenvereinaktiv/Outdooractive Gold wert.
Schon wechseln wir die Führung und der nächste Kandidat ist an der Reihe. Eigentlich könnte man auch der Spur der Skitourengeher folgen, aber stattdessen verzetteln wir uns zu weit links. Der nächste Führungswechsel bringt uns dann aber wieder auf die richtige Spur. Ab dem Grubenjoch werfen wir einen Blick nach Südtirol und wechseln von den Schneeschuhen auf die Wanderstiefel. Der Grat ist abgeblasen und ausgeapert. Rund 100 Höhenmeter später machen wir am Gipfel Brotzeit und suchen dann den Weg über den Grat vor uns.
Am Grat entlang wird’s spannend, wir sind aber froh, nicht die Gegenrichtung erwischt zu haben wie die anderen Prüfungsgruppe. Danach folgt dann der Abstieg zurück zum Obernberger See und hinunter zum Parkplatz.
Die Theorieprüfung
Zurück am Berghotel erwartet uns noch die Theorieprüfung: Sechs (!!!) Din A4-Seiten an Fragen aus dem Fragenkatalog warten auf uns. Kaum eine Stunde später ist das Thema abgehakt. Endlicht Zeit für etwas Entspannung, den am letzten Tag wartet jetzt nur noch die LVS-Prüfung und dann die Verkündigung des Endergebnisses.
Die LVS-Prüfung
Für die LVS-Prüfung wird auf einem Feld von 50×50 Metern drei Sondierkissen mit aktiven LVS-Geräten vergraben. Zwei der drei LVS-Geräte müssen in unter sechs Minuten per Sondenstich gefunden werden. Nacheinander treten wir zum Test an: Das LVS-Gerät einschalten und auf das Feld zulaufen bis ein Signal erscheint, dann dem Gerät folgen, Landeanflug ab 10 Metern, schnell und doch schön langsam an das Ziel annähern. Feinsuche und dann sondieren. Treffer. Ab auf die Suche nach dem zweiten „Verschütteten“, das gleiche Spiel nochmal. Treffer, geschafft. Yeah. Prüfung beendet, jetzt heißt es nur hoffen und warten.
Da ich der Vorletzte in der LVS-Prüfung war, heißt es gar nicht so lange warten: Nach knapp einer Stunde habe ich mein Feedback und mein Ergebnis. Bestanden. Was will man mehr?
Infos
Weitere Informationen beim Deutschen Alpenverein > Ausbildung > Winter > ZQ Schneeschuhbergsteigen.
Anmeldung
Die Anmeldung erfolgt in Abstimmung mit der lokalen Alpenvereinssektion über das Ausbildungsportal des deutschen Alpenvereins. Das Anmeldeportal wird jeweils im Oktober freigeschaltet, dann gilt es sich schnell anzumelden.
Voraussetzung
- Einverständnis/Meldung über eine DAV-Sektion oder einen Gastverband
- Wanderleiter:in, Trainer:in C Bergwandern, Trainer:in C Bergsteigen, Trainer:in B Hochtouren oder Trainer:in B Alpinklettern mit gültiger Lizenz
- Mindestens dreijährige Erfahrung auf Schneeschuh- oder Skitouren, zumindest im Voralpenbereich
- Tourenbericht über mindestens die letzten drei Jahre, aus dem die geforderte Erfahrung, Können und Ausdauerleistung hervorgehen
- Grundlagenausdauer für tägliche Touren mit bis zu 1200 Höhenmetern und 300 Höhenmetern pro Stunde im Aufstieg
- Gute Kenntnisse in der Lawinenbeurteilung und im Umgang mit LVS-Geräten, sowie im Lösen einer Einfachverschüttung
- Nachweis über eine Ausbildung in Erster Hilfe mit mindestens 9 Unterrichtseinheiten, nicht älter als zwei Jahre
- Voraussetzung für den Kurs 2/Prüfungskurs ist die erfolgreiche Teilnahme am ersten Kursteil
Kursinhalte
- Planen und Führen von Schneeschuhwanderungen im winterlichen Gebirge
- Auf- und Abstiegstechniken
- Beurteilung der Lawinensituation
- Risikomanagement bei Wintertouren
- Rettung
- Umweltbildung
- Ausrüstung
- Erste Hilfe
- Fernstudium: Lawinenkunde
Ausrüstung/Packliste
- hochgebirgstaugliche Schneeschuhe
(z.B. TSL 418 Up & Down Grip, MSR Lightning Ascent, Tubbs Flex VRT) - wintertaugliche Bergschuhe (Leichtbergstiefel oder Bergstiefel Klasse B/C)
- wintertaugliche Bekleidung für warmes und kaltes / windiges Wetter
(Softshell, Hardshell, Daunenjacke) - Mütze, Handschuhe, Ersatzhandschuhe
- Gamaschen
- Tourenstöcke
- Tourenrucksack (mit Befestigungsmöglichkeit für Schneeschuhe)
- Lawinenverschüttetensuchgerät (3-Antennen-Gerät), aufgrund der großen Reichweite unsere Empfehlung: Mammut Barryvox
- Lawinenschaufel
- Lawinensonde
- Reepschnur 5 mm, Länge 3 – 4 m
- Sonnenbrille
- Erste-Hilfe-Material
- Biwaksack groß (2 Mann) pro 2 TN
- Spiegel- / Peilkompass (wenn vorhanden)
- Höhenmesser oder GPS-Uhr
- Planzeiger für AV-Karten
- AV-Gebietskarte bzw. amtl. Topokarten 1:25.000 oder 1:50.000
- weiteres Tourenplanungsmaterial: Gebietsführer, digitales Kartenmaterial inkl. Smartphone und App alpenvereinaktiv.com oder outdooractive.com (Achtung: Preisermäßigung für DAV-Mitglieder für die Pro und Pro+Version inkl. freigeschalteter Alpenvereinskarten und Offline-Funktion)
- Laptop, Tablet, GPS (wenn vorhanden)
- DAV SnowCard (erhält man mit den Unterlagen)
- Schreibzeug
Literatur
- Als Grundlage für die Ausbildung dient das DAV-Handbuch Ausbildung, das man über die Alpenvereins-Kursplattform herunterladen kann > Link im Anschreiben.
- Lawinen: Erkennen, Beurteilen, Vermeiden. Bergwelten-Verlag (Neuerscheinung 2021, ISBN 13 9783711200303)
- Alpin-Lehrplan Band 6 Wetter und Orientierung, Rother Verlag, ISBN 9783763360932
Kosten
Kursteil 1 (falls die Sektion nicht die komplette Kosten übernimmt)
- Bei Anmeldung über eine Sektion: Teilnehmer: ab € 406,00 | Sektion: € 276,50
- Bei Anmeldung über einen Gastverband: einmalig ab € 812,00
Kursteil 2/Prüfung (falls die Sektion nicht die komplette Kosten übernimmt)
- Bei Anmeldung über eine Sektion: Teilnehmer: ab € 254,00 | Sektion: € 158,00
- Bei Anmeldung über einen Gastverband: einmalig ab € 508,00
Leistungen
Kurs inkl. Übernachtung im Mehrbettzimmer mit Halbpension, Seminar- Rücktrittsversicherung
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