Einmal Deutschland höchsten Gipfel besteigen gehört so ziemlich auf jede Wanderer- und Bergsteiger ToDo-Liste. Ob nun als Wanderer über den langen Weg durch das Reintal, von der Ehrwalder Seite über das Gatterl oder den einfachen Stopselzieher-Klettersteig – oder die imposante Tour von Hammersbach über Klettersteig und Gletscher durch das abwechslungsreiche Höllental. Wir haben uns das letzte Wochenende Zeit für Deutschlands Gipfel Nummer Eins genommen und sind über das Höllental auf- und über den Stopselzieher abgestiegen. Gesamt macht das 23,8km und 2.770 Höhenmeter auf- und ab.
Achtung: Die Tour über das Höllental erfordert alpine Erfahrung und Ausdauer. Es geht sowohl über ausgesetzte ungesicherte Stellen, Klettersteigpassagen, Schrofengelände und einen Gletscher (Blankeis und Spalten!).
An Ausrüstung sind Klettersteigausrüstung inkl. Kletterhelm und auch Steigeisen obligatorisch. Ohne Erfahrung im Umgang mit eben dieser Ausrüstung und in alpinem Gelände sollte man die Tour lieber mit einem Bergführer durchführen.
Die Tour sollte aufgrund der Geländebeschaffenheit und der langen Zeit am Stahlseil nur bei gutem Wetter durchgeführt werden, keinesfalls bei Gewitter-Neigung einsteigen!
Hinweis: 2021 ist auf der Münchner Hütte am Zugspitz-Gipfel keine Übernachtung möglich! Letzte Talfahrt der Zugspitzbahn um 17:45 Uhr!
Das Höllental ist euch zu schwer? Ihr sucht lieber eine einfachere Route? Hier findet ihr die Infos zu allen Aufstiegen auf die Zugspitze.
Zustieg: Von Hammersbach durch die Höllentalklamm zur Höllentalangerhütte
Aber von vorn: Wir parken am Freitag Nachmittag unser Auto am Wanderparkplatz in Hammersbach (Parkgebühren: 20€ für 3 Tage). Wer aus München kommt, nimmt besser den Zug nach Garmisch-Partenkirchen und anschließend den Ortsbus nach Hammersbach/Höllentalklamm.
Los geht es entlang der Strasse zur Bushaltestelle und dann am linken Ufer des Hammersbachs auf breitem Weg und dann schmalen Pfaden hinauf durch den Bergwald in Richtung der Höllentaleingangshütte (3,2km 340hm). Hier zahlt man den Beitrag für den Durchgang (als Alpenvereinsmitglied: 2€, sonst 5€. Kinder reduziert) und kommt dann am kleinen Museum zur Geschichte der Höllentalklamm vorbei.
Nun geht es immer am sprudelnden und gurgelnden Wasser entlang über Brücken und Stege, durch beleuchtete Tunnel, und kleine Wasserfälle durch die Klamm hinauf. Die Regenjacke zieht man am besten schon vor der Klamm an, denn es wird zum Ende der Klamm hin immer nässer. Schon allein die Klamm ist einen Ausflug mit der Familie wert. Übrigens: Wer eine Klamm ohne Zustieg durch den Bergwald sucht, wird mit der nahen Partnachklamm fündig, die man auch beim Aufstieg durch das Reintal nutzt.
Vom Ende der Klamm sind es nochmal rund 30 Minuten und 300 Höhenmeter bis zur Höllentalangerhütte auf 1387m. Wer fit genug für 2.200 Höhenmeter am Stück ist, kann auch in einem Tag auf die Zugspitze gehen, wir beenden unseren Tag lieber früh im Matratzenlager der Höllentalangerhütte.
Der moderne Neubau der Höllentalangerhütte wurde 2015 neu eröffnet und bietet jetzt modernen Standard inmitten der Berge. Die neue Hütte bietet jetzt 120 Personen Übernachtungsplätze in Zimmer- und Matratzenlagern. Die Bauweise als Pultdach liegt in den Lawinen begründet, die im Winter über die Hütte hinweg abgehen können, ohne die Hütte zu beschädigen. Bei einer klassischen Hüttenbauform wäre dies nicht möglich und die Hütte somit praktisch nicht zu versichern… Details zum Neubau gibt’s hier nachzulesen.
Von der Höllentalangerhütte über Höllentalferner und Klettersteig zur Zugspitze
Um nicht hinter anderen Klettersteiggehern im Stau zu stehen, lassen wir das Frühstück (5:30 – 8:30 Uhr) aus und starten um 5:30 Uhr von der Hütte in Richtung Zugspitze. Zuerst geht es für eine halbe Stunde auf guten Pfaden zum Einstieg. Hier legen wir Helm und Klettersteigset an und steigen die „Leiter“ aus Stahlstufen hinauf. Nach einer kurzen Querung erreichen wir das „Brett“: Die bekannte, ausgesetzte Querung auf Stahlstiften, natürlich seilversichert und am besten mit Klettersteigset zu gehen. Einige beherzte Schritte später sind wir schon über das Brett hinweg und es geht weniger ausgesetzt weiter.
Nach einem steilen Aufstieg durch felsiges Gelände erreicht man den Grünen Buckel mit genialer Aussicht auf den nahen Wasserfall. Hier gönnen wir uns eine Pause und holen das versäumte Frühstück noch. Die Sonne ist hinter uns aufgegangen und taucht das ganze Umfeld in frische Farben. Im aktuellen „Sommer“ und beim ständig wechselnden Wetterbericht hätten wir uns solche Verhältnisse nicht zu wünschen getraut: Keine Wolke in Sicht, die Sonne, die kaskadierenden Bergketten des Karwendels und im Rücken der Höllentalgletscher und der Klettersteig hinauf zur Zugspitze mit ihrem golden glänzenden Gipfelkreuz – und natürlich der dominanten Bahnstation.
Noch ein paar Höhenmeter und schon liegt der restliche Aufstieg komplett vor uns: Zuerst über die Moräne hinauf zum Anseilplatz, dann im Zickzack über den Gletscher, auf den Klettersteig wechseln und dann die letzten 500 Höhenmeter hinauf zum Gipfel.
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Bis zum Anseilplatz geht es durch eine Geröllfeld und dann im Schotter hinauf. Hier legen wir die Steigeisen an und stapfen im Firn über den Gletscher. Grödeln würden vielleicht auch reichen, doch gibt es schon eine größere apere Stelle mit Blankeis, die es zu überwinden gilt. Hier machen Steigeisen dann definitiv Sinn. 150 Höhenmeter und rund eine halbe Stunde später dürfen die Steigeisen aber auch schon wieder von den Füßen in den Rucksack: Wir haben die Randkluft erreicht.
An der Randkluft gilt es den Übergang vom Gletscher zurück an den Klettersteig zu finden. Hier gibt es zwei Einstiege. Während sich beim linken Einstieg schon die Kluft öffnet, gibt es für uns einen guten Übergang zum rechten Einstieg, an dem wir den Schritt in den Klettersteig gut meistern können. Später in der Saison braucht man hier schon etwas Mut für den doch etwas weiteren Schritt.
Für die nächsten 500 Höhenmeter bis zum Gipfel geht es jetzt fast durchgehend am Seil hinauf. Zwar gibt es immer wieder Strecken ohne Sicherung, diese sind jedoch auch problemlos machbar. Der Steig ist sehr gut versichert und bietet an den notwendigen Stellen auch Stahlstifte oder Stufen. Hier ist weniger die Ausgesetztheit des Geländes das Problem, sondern die nachlassende Kondition nach etwas mehr als 1.000 Höhenmetern in den Beinen.
Auch, wenn die Bahnstation der Zugspitzbahn schon greifbar nahe liegt, so zieht sich der Aufstieg von der Randkluft noch rund 2 Stunden. Selbst von der Irmerscharte kurz unterhalb der Bahnstation mit ihrem genialen Ausblick in Richtung Eibsee zieht es sich noch fast eine halbe Stunde.
Doch letztendlich kosten die letzten Meter am meisten Zeit: Hat man den Jubiläumsgrat erreicht und die letzten Meter mit Blick hinunter zum Schneeferner mit dem Zugspitz-Skigebiet hinter sich gebracht, so startet das „Alpine Disneyland“. Auf den letzten Metern darf man sich den „Gipfelerfolg“ mit den Spaziergängern teilen, die von der Bahnstation herüberströmen und oft schon nach den drei, vier Metern Aufstieg auf der Leiter herauf fix und alle sind. Da macht selbst das kurze Anstehen für ein Gipfelfoto eigentlich keine Spass.
Nach dem Gipfelfoto steigen wir hinüber zur gut gefüllten Gipfelstation, genießen noch etwas die Aussicht und genehmigen uns „im höchsten Biergarten Deutschlands“ ein Bier, bevor wir uns an den Abstieg in Richtung Wiener-Neustädter-Hütte machen.
Abstieg über den Stopselzieher zur Wiener-Neustädter-Hütte
Statt die Bahn für den Abstieg zurück nach Garmisch zu nehmen wie die meisten Gipfelsieger, steigen wir von der Plattform der Bahnstation die Treppen in Richtung Österreich hinunter. Hier am Grat treffen die Routen vom Reintal und Gatterl mit dem Aufstieg vom Stopselzieher aufeinander. Den beliebten Aufstieg über den Stopselzieher Klettersteig (A/B) nutzen wir heute als Abstieg zur urigen Wiener-Neustädter-Hütte, in der wir auch übernachten wollen.
Der Weg führt in rund zwei Stunden an der alten Bahnstation der Tiroler Zugspitzbahn vorbei in bröseliges Abstiegsgelände bis man endlich die ersten Seilversicherungen erreicht. Ab hier geht es über Stufen und eine gratartige Rippe immer wieder am Seil entlang hinunter bis man den letzen Abstieg durch den eigentlichen „Stopselziehr“ erreicht. Hier steigt man zuerst entlang des Felsens und anschließend durch eine Höhle hinab in das schuttigre Kar oberhalb der Wiener-Neustädter-Hütte. Rund 15 Minuten später stehen wir vor der Hütte und trinken ein Radler.
Die urige Wiener-Neustädter-Hütte bietet 25 Betten und 10 Lager, sowie einen Waschraum und Trockentoiletten. Gehobenen Standard wie auf der Höllentalangerhütte sucht man hier vergebens, dafür findet man hier eine ruhige Hütte abseits des Zugspitz-Trubels, einen gemütlichen, freundlichen Hüttenwirt, leckeres Essen und eine richtig gemütliche Gaststube mit warmem Kachelofen. Reservierung telefonisch oder per Email.
Von der Wiener-Neustädter-Hütte zum Eibsee und zurück nach Hammersbach
Der Samstag Abend bringt Regen, der sich glücklicherweise über Nacht abregnet. Am nächsten Morgen ist die Sicht gleich Null und aus den Wolken nieselt es noch leicht. Von der Hütte führten zwei Wege nach unten, einer zieht in Richtung Ehrwald, rund 200 Meter unter der Hütte geht ein Weg nach rechts durch die Felsen hinunter zum Eibsee.
Der Weg ist teilweise sehr ausgesetzt und führt immer wieder durch die Felsen abschüssig hinunter. Gerade im Nebel heißt es hier auf die roten Punkte der Wegmarkierung zu achten. Nach rund einer Stunde hat man endlich die Felszone verlassen und quert noch eine Schotterreiße bevor der restliche Abstieg durch den Bergwald und teilweise entlang der Riffelscharten-Skipiste hinunter zum Eibsee beginnt.
Vom Eibsee folgen wir dem Fußweg an der Straße und der Zugspitzbahn entlang nach Obergrainau und auf dem Panoramaweg zurück zum Parkplatz in Hammersbach.
Informationen
Karte
Die Tour in Zahlen
23km, 2765hm, 14h Gehzeit
Bei Übernachtung auf der Höllentalangerhütte und Wiener-Neustädter-Hütte gut auf drei Tage aufteilbar, alternativ mit der Bahn vom Gipfel zurück zum Eibsee, Abstieg über das Gatterl nach Ehrwald oder über das Reintal zurück nach Garmisch-Partenkirchen.
Packliste
Bekleidung
- Softshell-Hose/Jacke
- Hardshell-Hose/Jacke (Regenschutz, z.B. HellyHansen)
- 2x Unterwäsche (Merino)
- 2x Funktionsshirt (Merino)
- Fleece-Jacke oder Wärmejacke (z.B. Montane Prism)
- Handschuhe, Mütze, Buff
- Trekkingsocken (Merino)
Ausrüstung
- Rucksack (ca. 30-40l)
- Sonnenbrille
- Hüttenschuhe
- Mobiltelefon/Zusatzakku
- Trekkingstöcke
- Hüttenschlafsack
- Biwaksack
- Stirnlampe (für Lager und frühen Start)
Kleinkram
- Handtuch, Zahnbürste, Zahnpasta
- Erste Hilfe-Set
- Alpenvereinsausweis
- Geldbeutel, Bargeld
- Brotzeit
- Trinkflasche (mindestens 1l, besser 2l)
Speziell für den Aufstieg über das Höllental:
- Klettergurt
- Klettersteigset
- Kletterhelm
- Steigeisen (oder bei durchgehendem Firn auf dem Gletscher: Grödel)
- evtl. Pickel
Speziell im Jahr 2021/Corona:
- Schlafsack (Hüttenschlafsack reicht nicht, da keine Decken ausgegeben werden!)
- Kissenbezug
- Nachweis Corona-Test oder Impfnachweis (Testzentrum vor Ort z.B. im Kurhaus Grainau)
- Bei mehrtägigen Hüttentouren: Corona-Tests für den Selbsttest
Alternative Routen für den Aufstieg
- Reintal-Route: Durch die Partnachklamm zur Bockhütte und Reintalangerhütte, über die Knorrhütte auf’s Zugspitzplatt und über den Gipfelgrat hinauf zum Gipfel. 21km, 2280hm, 10h
- Gatterl-Route: Von Ehrwald über die Ehrwalder Alm zum „Gatterl“. Weiter zur Knorrhütte und über das Zugspitzplatt wie auf der Reintal-Route hinauf zum Gipfel. 18km, 2150hm (ohne Nutzung der Ehrwalder Almbahn), 9h
- Stopselzieher-Route: Von Ehrwald über die Skipiste und durch das Gamskar hinauf zur Wiener-Neustädter-Hütte und von dort über den Stopselzieher-Klettersteig hinauf zur Zugspitze. 5km, 1735hm, 5-6h
Weitere Infos zu den Routen? Hier findet ihr die Infos zu allen Aufstiegen auf die Zugspitze.
Aktuelle Informationen
Aktuelle Informationen zu den Verhältnissen am Gletscher und Klettersteig findet man auf der Internetseite der Höllentalangerhütte:
Aufstieg:
Wanderparkplatz Hammersbach – Höllentaleingangshütte – Höllentalklamm – Höllentalangerhütte – Leiter – Brett – Grüner Buckel – Anseilplatz – Höllentalferner – Randkluft – Klettersteig – Abzweigung Jubiläumsgrat – Zugspitz-Gipfel – Gipfel-Plattform
Abstieg:
Zugspitz-Gipfel – Gipfelgrat – Abzweigung Stopselzieher – alte Bahnstation Tiroler Zugspitzbahn – Stopselzieher – Wiener-Neustädter-Hütte – Abzweigung Abstieg Eibsee – Abzweigung Riffelseescharte – Eibsee – Obergrainau – Hammersbach
Anreise
Mit der Bahn:
Von München nach Garmisch-Partenkirchen und mit dem Ortsbus zur Höllentalklamm. Von der Zugspitze oder der Talstation der Zugspitzbahn mit der Zahnradbahn der Bayerischen Zugspitzbahn zurück zum Bahnhof
Mit dem Auto:
München – Garmisch – Wanderparkplatz 2 Höllentalklamm in Hammersbach
Einkehr und Unterkunft:
- Höllentaleingangshütte (nur Einkehr)
- Höllentalangerhütte
- Münchner Haus auf der Zugspitze (im Jahr 2021 geschlossen)
- Versch. Gastronomie auf der Zugspitze
- Wiener-Neustädter-Hütte (Abstieg über Stopselzieher)
Auf anderen Routen:
- Knorrhütte (Reintal- oder Gatterl-Route )
- Reintalangerhütte (Reintal-Route)
Literatur:
Rother Wanderführer: Zugspitze
Alpenvereinskarte Wetterstein, Zugspitze
Kompass Wanderkarte 1:50 000, Blatt 5 Wettersteingebirge – Zugspitzgebiet
Wandern kompakt Zugspitze und Umgebung, Bruckmann Verlag
Noch nie auf Hochtour?
In unserem Outdoor A-Z Hochtour erklären wir was ihr für die erste Hochtour braucht und wo ihr das notwendige Know-How herbekommt…
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Eventuell erwähnt man in dem Beitrag noch, das der Aufstieg zur Zugspitze nur für geübte ist und nur bei gutem Wetter gemacht werden sollte. Und nicht auf biegen und brechen durchgezogen werden sollte weil man sich das jetzt vorgenommen oder gebucht hat.
Mit freundlichen Grüßen
Anwohnerin am Weg zur Höllental klamm.
Sehe Täglich den Hubschrauber fliegen und viele viele möchte gern Wanderer die schnell mal in die Klamm wollen oder auf die Zugspitze
Danke für den Hinweis, fügen wir gerne noch ein!